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Rezension: Das Geheimnis erfolgreicher Anleger

 

Joel Greenblatt hat bereits drei Bestseller zum Thema Börse veröffentlicht: "Auch Sie haben das Zeug zum Börsengenie" (1997), "Die Börsen-Zauberformel" (2006) und zuletzt "Das Geheimnis erfolgreicher Anleger" (2011).

 

Der heutige Review soll die wesentlichen Gedanken und Ideen zusammenfassen und stellt ebenfalls die von ihm ins Leben gerufenen Webseiten kurz vor.

 

Diese sind: 

https://www.magicformulainvesting.com

http://valueweightedindex.com/

 


StrategIe in 9 Schritten

Das Buch "Das Geheimnis erfolgreicher Anleger" ist in neun Kapitel unterteilt und enthält auf rund 150 Seiten viele interessante Gedanken und Statistiken. Es geht dabei nicht um konkrete Anlage-Empfehlungen für Aktien oder Investmentfonds, sondern um die Ableitung einer Strategie für den privaten Anleger. 

 

Kapitel 1 bis 3:

  • Greenblatt diskutiert zunächst die Theorie der effizienten Kapitalmärkte und welche Konzepte nötig sind, damit eine Chance besteht, den Markt zu schlagen. 
  • Er belegt, dass das Gros der Anleger nicht bereit ist, Konzepten zu folgen und schon gar nicht über längere Zeit. Weder Intelligenz noch Engagement sind das Problem, sondern viel mehr Emotionen und Disziplin.
  • Als Value-Anleger bekräftigt er seine Meinung, dass das Geheimnis des Erfolgs darin besteht, den Wert von etwas herauszufinden und dann viel weniger dafür zu bezahlen (frei nach Benjamin Graham).
  • Anhand eines fiktiven Beispielunternehmens führt er auch für Anfänger verständlich die wesentlichen Ideen zur Unternehmensbewertung praktisch vor (Discounted Cash Flow, Liquidationswert, Summe der Einzelteile, den relativen Wert usw.) und zeigt auf, wie stark sich der faire Wert ändert, wenn sich die Basis-Schätzungen ändern.
  • Da alle Methoden mit Schätzungen arbeiten, ist eine Unternehmensbewertung stets fehleranfällig und der faire Wert kann zu hoch oder zu niedrig ermittelt werden.

Kapitel 4 bis 6:

  • Wie mit den Unsicherheiten umgehen? Statt zu versuchen, die Qualität der Schätzungen zu erhöhen (zum Beispiel für die jeweiligen Gewinne eines Unternehmens in der Zukunft oder die Kosten des Kapitals) schlägt Greenblatt die Strategie des "gut genug" vor.
  • Ein potentielles Investment muß als Mindest-Gewinnrendite die Hürde von sechs Prozent überbieten (bzw. mehr verdienen als die Rendite einer risikolosen Anlage in 10-jährige Schatzanleihen der USA).
  • Die Betonung liegt dabei auf langfristig überbieten, das heißt über den gesamten Konjunkturzyklus betrachtet. Ihm ist bewußt, dass viele Anleger die Beschäftigung mit dieser Frage bzw. die nötigen Analysen als zu aufwändig erachten.  
  • Aus diesem Grund in Investmentfonds anzulegen, ist keine gute Idee. Viele aktiv gemanagte Fonds schlagen den Markt vor Kosten nicht und bleiben hinter passiven Indexfonds nach Kosten deutlich zurück. 
  • Gewinnbringende Strategien müßten per definitionem von den Marktindizes abweichen. Das hat wiederum zur Folge, dass fast alle guten Manager lange Perioden der Unterperformance durchmachen, so dass fast alle Anleger davon laufen. Die Outperformance kann aber auf lange Sicht trotzdem erheblich sein.
  • Manager, die vor kurzem erfolgreich waren, egal aus welchem Grund, haben meist hohe Kapitalzuflüsse, sodass es ihnen in der Folge viel schwerer fällt, die erfolgreiche Strategie beizubehalten. 
  • Es ist unmöglich im Voraus zu bestimmen, welcher Investmentfonds erfolgreich sein wird und Benchmark-Vergleiche vernachlässigen in der Regel die Einbeziehung des Risikos, das für die jeweilige erzielte Rendite in Kauf genommen wurde.
  • Privatanleger müssen weder auf eine Benchmark, noch auf zeitweilige Unterperformance achten und das Problem einer zu großen Investitionssumme (im Sinne der Beeinflussung der Marktpreise) stellt sich ebenfalls nicht.

Kapitel 7 und 8: 

  • Es ist wichtig zu verstehen, wie typische Marktindizes berechnet und konstruiert werden, die als Benchmark dienen. In der Regel handelt es sich um nach Marktkapitalisierung gewichtete Indizes.
  • Deren größter Vorteil sind niedrige Handelskosten, da Aktien, die im Preis steigen automatisch im Index ein höheres Gewicht bekommen. Dafür müssen aber keine Käufe im ETF vorgenommen werden (analoges gilt für fallende Kurse und Verkäufe).
  • Aus Sicht eines Value-Anlegers ist das auch ihr größter Nachteil, denn so werden systematisch die Aktien übergewichtet, die teuer sind. (Anmerkung: typischerweise stellen die Top 20% eines Index etwa 80% der gesamten Marktkapitalisierung dar.)
  • Gleichgewichtete Indizes tun das nicht und sogenannte Value-gewichtete Indizes ebenfalls. In letzteren werden um so mehr Aktien gekauft, je billiger die Aktie erscheint. Als Kennzahlen kommen zum Beispiel Gewinn- und Kapitalrenditen, Cashflows oder das Kurs-Buchwert-Verhältnis in Frage.
  • Ein Vergleich der kumulierten Renditen der letzten 20 Jahre zeigt für verschiedene Märkte, dass die Gleichgewichtung, aber vor allem die Gewichtung nach Value-Kennzahlen bessere Renditen erzielt, als der Index nach Marktkapitalisierung.
  • Ein weiteres Argument gegen Gleichgewichtung und für Fundamentalkennzahlen als Basis der Index-Konstruktion, ist der Fakt der niedrigeren Umschlaghäufigkeit und Handelskosten. Fundamentalkennzahlen ändern sich langsamer und es ist möglich, ein längeres Intervall zwischen dem Rebalancing zu nutzen.
  • Der ETF-Industrie sind diese Fakten bekannt. Daher wurden entsprechende Produkte lanziert: gleichmäßig gewichtete ETF (z.B. Ryder S&P Equal Weight ETF) oder fundamental gewichtete ETF (z.B. auf den FTSE RAFI Indizes) oder Value-Index ETF (z.B. iShares Russell 1000 Value Index Fund). Mit diesen Ansätzen ist eine Outperformance von maximal 2 Prozent zu den Standard-Indizes zu erwarten, da gleichgewichtet investiert wird und es wird Phasen der Unterperformance geben. Value-gewichtet im Sinne der vorgestellten Strategie ist kein ETF.

Kapitel 9:

  • Jeder Anleger sollte anerkennen, dass Überlebensinstinkte und Emotionen dazu führen, dass wir viel mehr Angst vor Verlusten haben, als wir uns über Gewinn freuen und wir oftmals genau dann irrational handeln, wenn ein kühler Kopf gefragt ist.
  • Es ist der sogenannte Herdentrieb, der dazu führt, dass wir uns wohler fühlen, wenn wir uns an die Meute halten. Möglicherweise ist der Value-Effekt in hohem Maße Resultat dieser emotionalen Überreaktionen, die in uns allen eingebaut sind.
  • Greenblatt schlägt als Gegenmittel vor, diese menschlichen Schwächen zu akzeptieren und gewisse Fehler zu antizipieren. Man sollte aber mehr Augenmerk darauf legen, wieviel überhaupt in den Aktienmarkt investiert wird und wieviel risikolos angelegt wird. Vereinfacht gesagt: die Aktienquote sollte so niedrig sein, dass beim Worst Case Szenario von 50% Kursverlust die Fluchtreaktion nicht einsetzt und die Überhand gewinnen kann.  
  • Nachdem die Aktienquote also ungefähr festgelegt ist (zum Beispiel 50%), sollte man sich einen Spielraum festlegen, der die maximal mögliche Anpassung nach oben und unten begrenzt (zum Beispiel 10%, also die Spanne 40 bis 60%). Damit ist das sogenannte Market Timing zwar nicht vollständig unterbunden, aber die Erfahrung lehrt, dass diese Strategie besser durchzuhalten ist, als die Parole "immer voll investiert zu sein" oder vom Aktienmarkt zum risikolosen Investment nach bestimmten Kriterien vollständig umzuswitchen.

ZUSAMMENFASSUNG

Das Geheimnis erfolgreicher Anleger ist es nicht nur, jedem Investment einen fairen Wert beizumessen und nur zu kaufen, wenn die Aktie deutlich billiger ist. Sondern es kommt darauf an, eine andere, langfristiger ausgerichtete Strategie zu verfolgen als professionelle Fondsmanager und passive ETF-Anleger, die auf Indizes nach Marktkapitalisierung setzen und entsprechend gewichten. 

 

Teil A des Plans ist die Auswahl und Gewichtung der Aktien nach Fundamentalkennzahlen. Greenblatt ist überzeugt davon und zitiert einige Studien, dass das auf lange Sicht ausgezeichnet funktioniert. Dazu muß man aber bereit sein, Phasen der Unterperformance in Kauf zu nehmen, sehr diszipliniert anlegen und den Mut haben, Aktien die stärker unter dem fairen Wert notieren auch überzugewichten.

 

Teil B seines Plans ist das regelmäßige Rebalancing der Aktienquote, also des Anteils der in den Aktienmarkt investiert wird, wobei eine gewisse Über- oder Untergewichtung erlaubt ist, allerdings weder 0% noch 100% Investitionsquote. Das Risiko wird also über die generelle Asset Allokation gesteuert.

 

Im Buch veröffentlicht Greenblatt Backtest-Ergebnisse für eine solche, mechanische und sehr systematische quantitavie Strategie, die unter Verwendung der Kennzahlen Gewinn- und Kapital-Rendite aus den 1400 nach Marktkapitalisierung größten Titeln der USA einmal jährlich ungefähr 800 bis 1000 Titel selektiert. Für den Zeitraum 1990 bis 2010 erreicht der so konstruierte value-gewichtete Index eine kumulierte Rendite von 13,9% p.a. und übertraf damit sowohl den Russell 1000 (7.9%) als auch den S&P 500 (7.6%) sehr deutlich. 

 


FAZIT

 

Das Buch "Das Geheimnis erfolgreicher Anleger" ist flott geschrieben und gut verständlich für Einsteiger und Profis. Es enthält Ideen, wie man mittels Fundamental-Analyse vielleicht doch ein Portfolio konstruieren kann, dass Mr. Market und die eigenen Fehler beim Investieren überlisten kann. Es regt zum Nachdenken darüber an, welchen Problemen professionelle Investment-Manager gegenüber stehen und warum ETFs oft überlegene Renditen erzielen. Es geht aber über die oft geäußerten Gründe (niedrige Kosten und hohe Markteffizienz) hinaus und wirft einen Blick auf mögliche kompliziertere Ursachen.

 

 


EXTRA: DIE WEBSEITEN

 

Wer nun auf die Fundamental-Analyse neugierig geworden ist, der sollte sich vielleicht als nächstes mit dem Buch "Die Börsenzauberformel" beschäftigen und sich kostenlos auf der Seite: https://www.magicformulainvesting.com/ registrieren. Dann erhält man Zugang zu einem US-Aktienscreener und kann die Theorie praktisch durchexerzieren und Musterdepots mit den so ermittelten Werten bestücken. Natürlich gibt es auch andere Stockscreener (z.B. finviz.com).

 

Die Seite valueweightedindex.com ist als Ergänzung zum Buch gedacht und enthält Erläuterungen zur Indexkonstruktion, den Vor- und Nachteilen der verschiedenen Varianten und natürlich auch die Zahlen, die dem Buch zugrunde liegen. Gegenüber der Veröffentlichung in 2011 mit Daten von 1990 bis Mitte 2010, stellt die Seite auf Daten von 1991 bis Ende 2010 ab, leider gibt es keine Updates für spätere Jahre. Aber man findet hier auch 1-Jahres, 5-Jahres und 10-Jahres Zahlen, der FTSE RAFI 1000 ist als zusätzliche Benchmark angegeben und es werden einige ETFs vorgestellt, die die jeweilige Strategie verkörpern. Einen value-weighted Indexfonds scheint es aber als investierbares Produkt bisher noch nicht zu geben !

 


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