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Börsenherbst

In Wann schwingt das Pendel zurück? habe ich Anfang September gezeigt, wie stark sich die Märkte vom Gleichgewichtspunkt entfernt hatten.

 

Nach dem Kursverlauf in Oktober wissen wir nun, dass die Bären dem Pendel einen deutlichen Stoss in ihre Richtung geben konnten.

 

Aber niemand kann jetzt voraussagen, wie weit die Korrektur laufen wird und ob Schlimmeres bevorsteht. Daher erscheint Vorsicht angebracht sowie Demut: die weitere Entwicklung liegt im Nebel. Es kann sein, dass wir einfach den Beginn einer Normalisierung sehen und dass die Turbulenzen begrenzt bleiben. Oder wir sehen einen Gezeitenwechsel und verstehen erst in einigen Monaten, was hier abläuft. 

 

 


DIE GIGANTEN UNSERER TAGE SIND VERGÄNGLICH !

 

Ein wichtiges Thema des Börsenaufschwungs der letzten Jahre sind die sogenannten FAANG-Aktien (Facebook, Amazon, Apple, Netflix, Google). Diese Internet-Giganten realisieren hohe Gewinne und das hat sich in der Kursentwicklung der Aktien niedergeschlagen. Es gibt aber momentan zu wenige, die diese "Aktienstory" kritisch sehen und davor warnen, die schöne Umsatz- und Gewinn-Entwicklung beliebig in die Zukunft fortzuschreiben.

 

Die Internet-Giganten profitieren von der Globalisierung, von der Digitalisierung aller Lebens-bereiche und der vorhandenen Infrastruktur auf vielfältige Weise. Aber als Steuerzahler spielen sie eher eine unrühmliche Rolle. Daher wird der Zeitpunkt kommen, wo ihre Geschäftsmodelle ernsthafter hinterfragt werden.

 

Ich vermute, die Zukunft könnte sich dann auf den Namen AT&T reimen. Dieser dominante US-Telekomkonzern wurde zerschlagen - was lange Zeit als unwahrscheinlich galt. Mit Verzögerung werden sich auch die Rahmenbedingungen an die digitalen und globalen Geschäftsmodelle anpassen. Wie man hier lesen kann, will Grossbritannien nach dem BREXIT Vorreiter sein.

 

Daher muss man kein Prophet sein, um zu behaupten: Jetzt, wo alle das Thema kennen, begreifen und spielen, könnte der Höhepunkt erreicht sein. Auch Platzhirsche begegnen irgendwann ihrem Jäger. Für die Börsen, wie wir sie seit 2009 kennen, wäre das ein Paradigmenwechsel.

 

 


KLEINE CHARTSHOW

 

Wirft man einen Blick auf die 3-Jahres-Charts der Indizes S&P500, DAX und Hang Seng, so ist die Korrektur der vergangenen Wochen deutlich sichtbar und das die Aufwärtstrends in sämtlichen 3 Regionen nicht mehr in Takt sind. 

 

Was die Auslöser dafür waren und welche Entwicklungen bedenklich stimmen, hat Kurt Kara von Maj Invest auf der Internationalen Value Investing Konferenz gut zusammengefasst. Das Video wurde von der ValueDACH Community auf Youtube geteilt. Leider sind manche Charts durch den sehr schrägen Aufnahmewinkel nicht so gut zu erkennen. Aber die Tonspur ist ja auch noch da und ich denke, die Analyse zum gegenwärtigen Umfeld ist sehenswert.

 


WAS PASSIERT MIT DEN GELDSTRÖMEN ?

 

Eine alte Börsenweisheit lautet: Follow the money! Oder man könnte auch sagen: Wenn es genügend Kapital gibt, das an die Börsen strömt, brauchen wir uns keine Gedanken über die mittelfristige Tendenz und steigende Kurse zu machen.

 

Die Börse profitierte zuletzt dreifach: Von der Politik der Zentralbanken im Nachgang der Finanzkrise und den niedrigen Zinsen. Von der Suche nach auskömmlichen Renditen durch die immer größer werdenden Kapitalsammelstellen (Versicherungen, Staatsfonds, etc.), als "sichere" und bewährte Assetklassen nichts mehr abwarfen. Von den in Summe immer höher aufragenden Ersparnisbergen der Privaten, die außer Immobilien ebenfalls keine Alternative zu Aktien fanden und vom langen Aufschwung wieder angelockt wurden.

 

Könnte sich das jetzt allmählich ändern? Und würde das einen signifikanten Unterschied bedeuten? Die FED reduziert jedenfalls bereits ihre Bilanz und entzieht den Märkten Liquidität. Die EZB beendet Ende 2018 ihr Anleihenkaufprogramm. Wird das ohne Folgen bleiben?

 

Und was passiert, wenn institutionelle Anleger mit einem signifikanten Kursrückgang am Aktienmarkt konfrontiert werden und gleichzeitig Staatsanleihen wieder Zinsen abwerfen?

Ich hätte da eine Vermutung ...  Achtung Ironie: Dann werden die (privaten) Sparer uns retten, die einfach langfristig investieren und die billigen Aktien kaufen oder ihre Investmentfonds besparen. Übrigens: Es war dieses Chart, was im Video bei 15:30 min gezeigt wurde. Sieht doch auch nach einem Wendepunkt aus, oder?

 

5-Jahres-Vergleich MSCI US Large Cap vs. MSCI US Small Cap, Quelle: MSCI
5-Jahres-Vergleich MSCI US Large Cap vs. MSCI US Small Cap, Quelle: MSCI

FAZIT

 

Im September-Artikel schrieb ich: "Wenn Sie der Meinung sind, diese Entwicklung könnte noch ein wenig so weitergehen, können Sie jetzt in US-amerikanische, große Technologieaktien investieren. Entweder breit gestreut über Indizes oder indem Sie die Werte kaufen, deren Name jeder kennt. Nur müssen Sie dann rechtzeitig erkennen, wenn das Pendel zurück schwingt und alle zum Ausgang drängen."

 

Ich bin mir zunehmend sicher, dass das eine schlechte Strategie wäre, weil wir vor einer Zeit des Wandels und der Umbrüche stehen. Insofern ist das Bild für diesen Beitrag nicht zufällig gewählt. Noch ist die Anzahl derjenigen, die zum Ausgang drängen, begrenzt und einen richtigen Ausverkauf hat es noch nicht gegeben. Es gibt Hoffnung auf eine Lösung der politischen Krisenherde und der Wirtschaft geht es ja gar nicht so schlecht. Doch das Chance zu Risiko-Verhältnis hat sich aus meiner Sicht deutlich eingetrübt. Machen Sie das Beste daraus und seien Sie vorsichtig !

 

 

(c) 2018 Covacoro

 


InSPIRATION DER WOCHE

 

Wenn Sie eine Stunde Zeit und Muße haben, schauen Sie sich Frank Abagnale an, den Mann hinter "Catch Me If You Can". Sie lernen etwas zu Offenheit, Durchhaltevermögen, Was wirklich wichtig ist und tun etwas für Ihre finanzielle Bildung.

 


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Kommentare: 4
  • #1

    Joerg (Donnerstag, 01 November 2018 11:45)

    Den Chart mit Fondsvergleich verstehe ich nicht?
    Im Crash steigt einfach die Cashquote der Fonds.
    Da ist es doch logisch, dass deren Relativperformance besser als ein Index ist?!
    Was gibt es da fuer aktives Management zu Feiern?
    Mich interessiert doch als Altersvorsorge-Sparer nur die absolute Performance (Marathonlaufzeit) und nicht irgendwelche temporaere Etappenzielzeiten?
    Oder wo liegt der Denkfehler? LG Joerg

  • #2

    Prof (Donnerstag, 01 November 2018 17:22)

    Hi Covacoro,
    bei den Charts stimme ich Dir zu 2/3 zu.
    Im S&P 500 kann man noch schauen, ob die 2580 Punkte auf Tagesschlusskursbasis gerissen werden. Ist dies der Fall, sieht es dort ebenfalls sehr böse aus.

  • #3

    Covacoro (Donnerstag, 01 November 2018 19:30)

    Hallo Jörg, zunächst ist das Chart nur ein Service für meine Leser, wegen des schrägen Aufnahmewinkels im Video. Ich sehe Zyklen, würde mir aber nicht zutrauen zu sagen, was die Ursache dafür ist. Die Tiefpunkte scheinen eher am Ende langer Aufschwünge (1999 und 2016) zu liegen, dann sieht die Leistung der Gesamtheit der aktiven Fonds besonders schlecht aus. Die Hochs um 60% nach der Dot.com-Blase und Finanzkrise sind kein Grund zum Feiern, weil nur gerade so über der 50% Marke, Werte wie vor 1990 von 80% werden nicht mehr erreicht. Das Chart trifft keine Aussage, welcher Anleger am Ende seiner Sparphase die höhere Rendite bzw. das höhere Depotvolumen erzielt.

  • #4

    valueDACH Value Investing Community (Freitag, 02 November 2018 12:46)

    Hallo Hans-Jürgen,
    ein kleiner Hinweis zum Video. Wenn du unten die Qualität auf HD 1080 Pixel stellst, solltest du das Video noch etwas besser erkennen können. Über den Chromecast kannst du es auch auf dem Fernseher sehen und es könnte auch noch mal besser erkennbar sein :).
    Beste Grüße