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Rezension: Wenn Du nicht mehr brennst, starte neu

Cover: Wenn Du nicht mehr brennst, starte neu - Covacoro Buchrezension

Vor fast 2 Jahren habe ich erstmalig ein Buch von Rainer Zitelmann hier im Covacoro-Blog besprochen: Reich werden und bleiben.

 

Damals hätte mich der Titel beinahe abgehalten, das Buch zu lesen. Zu reißerisch erschien er mir. In Deutschland war und ist das "Reich-werden-wollen" negativ besetzt und das hatte ich im Hinterkopf. Nach dem Lesen war ich schlauer und insgesamt positiv überrascht, weil das Buch viele nützliche Gedanken und Fakten vermittelte.

 

Mit dem heutigen Buch ist das ganz anders. Hier hat mich der Titel unmittelbar angesprochen, da er zur Veränderung aufruft, wenn die Begeisterung und Leidenschaft nachläßt. Wer kann diese Situation nicht nachempfinden?

 

Außerdem mag ich Biografien, wenn sie gut erzählt sind. Und das Rainer Zitelmann viel zu erzählen haben würde, daran ließ ja bereits der Untertitel keinen Zweifel aufkommen: als Historiker, Journalist und Investor.

 


DER INHALT - EIN ÜBERBLICK

 

Wie man aus dem Vorwort erfährt, findet Rainer Zitelmann sein Leben interessant, aufregend und vor allem ziemlich ungewöhnlich. Das reicht ihm als Grund, um darüber zu berichten. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung ist er 60 Jahre alt und diese Autobiografie daher seine Zwischenbilanz.

 

Als Historiker will er aufzeigen "wie es eigentlich gewesen ist", weiß aber, dass er in seinem Buch mit einigen Passagen bewußt gegen diesen Grundsatz verstößt. Denn er betrachtet sich als überzeugten "Gegen-den-Strom-Schwimmer" und hält mit seiner Meinung und Wertungen nicht hinter dem Berg. Und er beginnt oft mit Neuem, weil er einfach neugierig ist und keine Routine aufkommen lassen will. So ist sein Anspruch, alles mit Freude und Begeisterung zu unternehmen - aber nichts ein Leben lang. Er war nacheinander tätig als Historiker, Cheflektor, Journalist, Unternehmer und Investor.

 

Das hört sich interessant und abwechslungsreich an, wirft aber auch Fragen auf: Wie konnte er auf so vielen verschiedenen Gebieten augenscheinlich erfolgreich sein? Wieviel Zeit und Energie investiert er in das, was er tut? Was prägte seinen Charakter und bestimmt sein Selbstbewußtsein? Über welche Fehler und Dummheiten berichtet er? Was würde er heute anders machen und worauf verzichtet er? Bevor ich darauf einige Antworten gebe, hier erst einmal ein Überblick über die Gliederung der knapp 300 Seiten:

 

  • Vorwort von Dr. Hermann Otto Solms / Vorwort des Autors / Prolog
  • Kapitel 1: Von der Galaktischen Zeitung zum Roten Banner
  • Kapitel 2: Mao, Marx und Reich
  • Kapitel 3: Entdeckungen über Adolf Hitler
  • Kapitel 4: Vier Jahre Freie Universität
  • Kapitel 5: Bücher gegen Links
  • Kapitel 6: Chef der »Geistigen Welt«
  • Kapitel 7: Das Liberale Manifest und der 8. Mai 1995
  • Kapitel 8: Ich entschließe mich, reich zu werden
  • Kapitel 9: Die erste tägliche Immobilienseite in Europa
  • Kapitel 10: Ich werde Unternehmer!
  • Kapitel 11: 15 Jahre Marktführer
  • Kapitel 12: Investor: Millionär gegen den Strom
  • Kapitel 13: Was ich von 45 Superreichen lernte
  • Kapitel 14: Publizist zur Finanz-, Euro- und Flüchtlingskrise
  • Kapitel 15: Meine zwölf Lebensregeln
  • Epilog / Danksagung / Der NEO-FFI-Test
  • Bücher und Aufsätze von Rainer Zitelmann / Personenregister

 

Nun will und kann ich in meiner Rezension nicht auf jede einzelne Station in Zitelmanns beruflichen Leben eingehen oder das gesamte Buch auf wenige Szenen und Gedanken verkürzen. Das würde einer Biografie nicht gerecht und würde zu stark vereinfachen.

 

Stattdessen folge ich der Idee des Autors und werfe eine große Klammer um die Fülle der Geschichten und Details: Wie startet das Buch und wie stellt sich Zitelmann dem Leser vor? Welches Fazit zieht er und worin bestehen seine zwölf Lebensregeln?

 


DER EINSTIEG IST EIN AUSSTIEG

 

Vorwörter sind in Mode. Am besten zahlreich und von bekannten Persönlichkeiten, dann kann man daraus verkaufsfördernd zitieren. Ob sie gelungen sind und ob zutreffend, weiß man erst, wenn man das Buch gelesen hat. Darum habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, sie nach der Lektüre erneut zu lesen, als Nachwort. Zur Kontrolle und irgendwie zum Abschluß. Das Vorwort von Otto Solms schneidet in Summe hier sehr gut ab: Die richtige Länge (nicht zu lang!), die richtigen Worte (keine Lobhudelei!) und eine passable Zusammenfassung, was einen im Buch erwartet. 

 

Der Prolog zum Buch ist aber noch besser! Der Autor wählt als Einstieg in seine Autobiografie doch tatsächlich seinen Entschluss zum Ausstieg, und zwar aus seiner eigenen Firma "Dr. ZitelmannPB". Er schildert, wie er am 21. Dezember 2015 am Gepäckband des Frankfurter Flughafens steht und wie schon so oft mit dem Leiter seiner PR-Abteilung telefoniert. Seinem wichtigsten Mann, der die vergangenen 15 Jahre seine rechte Hand war, alles Operative im Griff hat. Und der ihm mitteilt, aus heiterem Himmel, dass er zu Ende Januar kündigen wird.

 

Und was macht Zitelmann in diesem Moment? Er fragt sich nicht: "Warum passiert mir das? Was für eine Schweinerei! Wie undankbar ist der?" sondern bekommt die Kurve und fragt sich, welche Chance in dem Problem steckt. Zwei Minuten nachdem sein Mitarbeiter ihm eröffnet hat, dass er geht, bieter er ihm stattdessen an, seine Firma zu übernehmen. Zwei Tage später sitzen die Beiden mit Anwälten und Wirtschaftsprüfern zusammen, fünf Wochen nach dem Telefonat ist der Vertrag unterschrieben.

 

Zitelmann hat seine Firma verkauft. In die Hände eines Nachfolgers, dem er voll und ganz vertrauen kann und der diese Chance verdient hat. Er hat eine neue Perspektive, Kunden und Mitarbeiter ebenfalls. Und der Autor fühlt sich befreit, weil er nicht mehr von Termin zu Termin reisen muss und die "Sache" zu einem guten Abschluss gebracht hat. Und weil er wieder einen Neustart wagen und angehen kann. Er weiß ja, dass er zuvor bereits als Historiker, Verlagslektor und Journalist gearbeitet hat und selbst die Spitzenposition bei ZitelmannPB niemals als Endstation betrachtete.

 

Ja, diese Szene verrät viel über den Autor und nimmt Beobachtungen im Buch vorweg. Wenn Ihnen Zitelmann jetzt unsympathisch oder unglaubhaft erscheint, sollten Sie ihrem Bauch vertrauen: Dann wird das auch im Rest des Buches nicht besser. Im Gegenteil. Wenn aber Ihre Neugierde geweckt ist und Sie darauf gespannt sind, mit wem er denn noch so aneckte, welche Situation er unkonventionell bewältigte und wann er auch mal Niederlagen mit seiner Art zu Handeln einfuhr, dann kann ich das Buch ruhigen Gewissens empfehlen.

 


ZWÖLF LEBENSREGELN

 

Machen wir nun also wie angekündigt einen Sprung zum letzten Kapitel - zwölf Lebensregeln. Dieses Kapitel ist in gewissem Sinne auch das Selbstkritischste. Denn Zitelmann gesteht, dass er vermutlich seine Emotionen stark kontrolliert und sie ausblenden kann. Er handelt stets sehr analytisch und rational. 

 

Er schreibt: "Wenn Ihrer Meinung etwas in diesem Buch fehlt, dann nicht in dem Text, sondern in dem Menschen. Ich selbst sehe das nicht als Mangel... Was manche Menschen befremdet, sind vielleicht einige meiner Lebensregeln und die extreme Konsequenz und Striktheit, mit der ich sie befolge." Neugierig auf diese Regeln? Voila, hier sind sie:

 

  1. Traue Dich, sehr selbstbewusst zu sein, und sei bescheiden im Lernen.
  2. Sieh die Welt, wie sie ist, nicht, wie du sie dir wünschst und nicht wie "man" sie sehen soll.
  3. Wenn du nie scheiterst, hast du dir deine Ziele zu klein gesteckt.
  4. Selbstvermarktung und Eigen-PR sind wichtig.
  5. Habe keine Angst vor Autoritäten!
  6. Es ist nie zu spät, etwas Neues anzufangen.
  7. Was dir keinen Spaß macht, lass von anderen erledigen.
  8. Habe keine Angst, andere um einen Gefallen zu bitten (aber tue auch was für sie).
  9. Ehrlichkeit zahlt sich aus.
  10. Sei zuverlässig - ohne Einschränkung und Ausnahme.
  11. Mache einen Sport daraus, das "Nein" zu überhören.
  12. Ohne Akquise und Networking wirst du keinen Erfolg haben.

 

Diese Regeln beantworten einige der anfangs aufgestellten Fragen. Wie konnte der Autor auf so vielen verschiedenen Gebieten erfolgreich werden: durch Ehrgeiz, viel Arbeit und hohes Durchhaltevermögen. Wieviel Zeit und Energie investiert er in das, was er tut? Soviel wie nötig, ohne Abstriche. Dabei tut er nicht alles selbst, sondern holt sich Hilfe und nutzt sein Netzwerk. Was prägte seinen Charakter und bestimmt sein Selbstbewußtsein? Seine Erfolge, die ihn zufrieden machen. Aber vor allem auch die Aufmerksamkeit und Anerkennung durch Andere und seine Umwelt für das, was er tut und zustande bringt.

 

Und worauf verzichtet er? Zitelmann ist weder verheiratet, noch hat er Kinder; über eine feste Partnerschaft wird nicht berichtet.

 


MEIN FAZIT

 

Warum ist das Buch lesenswert? Weil es von einem Querdenker und Nonkonformisten geschrieben ist. Weil Leidenschaft ansteckend ist. Weil es zeigt, dass Motivation, Optimismus und Durchhaltevermögen einen sehr weit bringen. Hätte das Buch 285 Seiten haben müssen, um diese Botschaft zu transportieren? Für mich lautet die Antwort: Nein.

 

Zwar mag es interessant sein, dass sich Zitelmann von einem Maoisten zu einem Nationalliberalen wandelte und das will erklärt werden. Aber die Grabenkämpfe in Redaktionen, Lektoraten und Verlagen interessieren vermutlich nur sehr wenige Leser bis ins Detail. Zu einer Autobiografie gehören diese Stationen aber eben dazu, können nicht ausgelassen werden. Blättern sie dann einfach um, oder lesen weiter in den Kapiteln 8 bis 13.

 

Was das Buch im Ganzen interessant macht, sind die zahlreichen Neustarts im beruflichen Leben, die bewältigten Krisen und wie die kleinen und großen Erfolge zustande kommen. Zitelmann ist nicht mit einem Lebensentwurf zufrieden und es gelingt ihm, sich immer wieder neu zu erfinden. Gerade dann, wenn es kritisch wird, behält er das Heft des Handelns in der Hand. Das macht Mut. Genauso sollte man meiner Meinung nach das Buch lesen und verstehen.

 

Als Blaupause oder Vorbild für Jeden taugt diese Biografie allerdings nicht: die Menschen, die mit einem Lebensentwurf zufrieden sind, leisten in unserer Gesellschaft ebenfalls Großartiges, nur auf andere Art und Weise. Ihre Leistung und Erfolge sind die funktionierenden sozialen Beziehungen und Netze - in Familie, im Beruf und in der Gesellschaft.

 

(c) 2017 Covacoro

 


Sollten Sie sich für das Buch interessieren, so ist der Kauf bei Amazon über den folgenden Link für Sie nicht teurer, ich erhalte allerdings eine kleine Werbe-Vergütung. Vielen Dank, dass Sie damit diesen Blog unterstützen.



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Kommentare: 2
  • #1

    Prof (Mittwoch, 13 Dezember 2017 11:45)

    Danke für die Buchvorstellung. Das Buch zeigt sich sehr deutlich, dass verschiedene Ansätze zum (Lebens)glück führen können. Und es hält einen davon ab, eingefahrene Wege als unabänderlich zu sehen. Man soll Auswege suchen, dann wird man auch welche finden.

    Den Link zu Amazon konnte ich wieder nicht finden, dabei ist doch bald Weihnachten und nicht Ostern. ;-)
    Prof

  • #2

    Prof (Donnerstag, 14 Dezember 2017 19:41)

    Jetzt habe ich ihn gefunden: Er befindet sich hinter dem Titelbild des Buches ganz oben!