· 

Rezension: Value Investing - Mein Weg, meine Erfolge, meine Fehler

Bereits im November 2017 erschien das Buch Value-Investing - Mein Weg, meine Erfolge, meine Fehler - von Jean-Marie Eveillard.

 

Wer zuvor Die Lehr- und Wanderjahre eines Value-Investors von Guy Spier gelesen hat, nimmt das Buch mit hohen Erwartungen zur Hand. Denn aus diesem Buch, dass ich hier auch schon empfohlen habe, konnte man sehr viel lernen: vor allem aus den besprochenen Fehlern.

 

Jean-Marie Eveillard begann seine Karriere 1962 bei der Société Générale in Paris. Ab 1979 arbeitete er als Portfolio Manager für den SoGen International Fund in den USA.

 

Dieser Investmentfonds wurde später in First Eagle Global Fund umbenannt und existiert noch heute. Als der Autor die Position des Lead Portfolio Managers Ende 2004 aufgab, hatte er mit dem Fonds ein beachtliche Rendite von ca. 15% p.a. nach Kosten erzielt, während gleichzeitig die Märkte noch den Dot.com Crash und die Baisse von 2000 bis 2003 verdauten.

 

Daher wird er manchmal als "europäischer Warren Buffett" bezeichnet und erhielt von Morningstar unter anderem den Lifetime Achievement Award neben vielen Auszeichnungen für den Investmentfonds selbst. Genügend Gründe um als Value-Investor neugierig auf dieses Buch zu sein.

 


Der Inhalt im Überblick

 

Nehme ich ein Buch zur Hand, so schaue ich zuerst auf das Inhaltsverzeichnis. Es verrät bereits viel über den Autor (und den Lektor). Will er seine Geschichte chronologisch erzählen oder behandelt er sein Thema systematisch? Wie persönlich sind die Titel, machen sie mich neugierig? Kann ich sofort erkennen, welche Kapitel den Kern des Buches ausmachen? Wie wird die Balance zwischen Informationsvermittlung und Unterhaltung ausfallen? 

 

All das signalisiert und transportiert das Inhaltsverzeichnis: manchmal subtil und indirekt, manchmal glasklar und geradewegs.

 

Das Buch von Jean-Marie Eveillard ist da keine Ausnahme und hier kommt seine Gliederung:

  • Vorwort zur deutschen Ausgabe
  • Einleitung
  • Kapital 1 - Wie ich Value-Investor wurde und was danach passierte
  • Kapitel 2 - Value Investing macht Sinn - von Graham bis Buffett
  • Kapitel 3 - Sondersituationen
  • Kapitel 4 - Value Investing funtkioniert dauerhaft
  • Kapitel 5 - Über Gold
  • Kapitel 6 - Zwei Investitionen im Stil von Benjamin Graham
  • Kapitel 7 - Eine Investition im Stil von Warren Buffett
  • Kapitel 8 - Shimano oder Corporate Japan in Bestform
  • Kapitel 9 - Shaw Brothers, Ein Unternehmen aus Hongkong
  • Kapitel 10 - Fehler bei der Geldanlage: Swissair und andere Lektionen
  • Kapitel 11 - Luxusgüter: Taittinger, Richemont, Remy Cointreau, Essilor
  • Kapitel 12 - Fazit
  • Kapitel 13 - Letzte Worte

 

Damit dürfte klar sein: Wir bewegen uns chronologisch durch die Karriere des Autors, systematisch vom Allgemeinen zu konkreten Beispielen und wer ein Feuer von Anekdoten oder leichten Lesestoff erwartet, wird enttäuscht werden.

 

Genauso blieb am Ende das Buch auch bei mir haften: Sehr viel Substanz, nüchtern und sachlich im Details geschildert und daher streckenweise anstrengend zu lesen. Wenn man nämlich nicht vereinfacht und im Nachhinein die Situation einfacher darstellt, als sie urprünglich und tatsächlich war, muss man manchmal weiter ausholen ... was ungeduldige Leser etwas langweilen könnte.

 

Ein uneingeschränkt positives Merkmal des Buches: Jean-Marie Eveillard ist trotz seiner Erfolge nicht abgehoben oder der arrogante Besserwisser geworden. Er begründet jeden seiner Ratschläge. Er steht zu jedem Fehler. Er sagt nicht, dass es leicht und selbstverständlich ist.
 


In Kürze zusammengefaßt

 

Im Kapitel "Letzte Worte" unternimmt der Autor den Versuch, wichtige Überzeugungen kurz zusammenzufassen. Ihm ist also auch bewußt, dass der Leser nach der Lektüre des Buches nach einem Fazit suchen wird und ob der Fülle der Beispiele für Erfolge und Fehler etwas geplättet ist.

 

Hier kommen seine Top Ten:

  • Die Zukunft ist ungewiss, daher benötigt man bei der Geldanlage eine Sicherheitsmarge. Das bedeutet man muss Aktien kaufen, wenn sie unter innerem Wert notieren.
  • Als Langfrist-Anleger versucht man nicht, kurzfristig mit der Benchmark mitzuhalten. Als Value-Anleger muss man diese Schmerzen aushalten.
  • Man sollte sowohl vom Graham- als auch vom Buffet-Ansatz des Value-Investings lernen und nicht ausschließlich auf einen Ansatz setzen. Der eigene Anlagestil sollte flexibel sein und offen für neue Erkenntnisse.
  • Value-Investing funktioniert weltweit, wir passen unseren Anlagestil nicht an die Besonderheiten eines Marktes oder lokaler Anleger an.
  • Man muss sich auf das Wesentliche fokussieren. Dazu muss man wissen, auf welche drei bis fünf Merkmale eines Unternehmens es langfristig ankommt, wie das Geschäft funktioniert.
  • Die besten Gelegenheiten finden sich oft dort, wo ein Unternehmen kurzfristig fürchterliche Aussichten hat, noch vor Kurzem ein Liebling der Anleger war und die Probleme jetzt als dauerhaft oder länger anhaltend wahrgenommen werden.
  • Einer meiner häufigeren Fehler war, die potenziellen Auswirkungen von Kredit-Hebeln zu ignorieren. Ein hoher Verschuldungsgrad sollte immer ein Warnsignal sein, dass man sehr ernst nimmt.
  • Ich kenne das Argument, nur in seine besten Ideen zu investieren. Aber ich konnte nie über einen längeren Zeitraum belegen, dass ich tatsächlich im Voraus weiß, was meine besten Ideen sind. Daher diversifiziere ich.
  • Wir managen die Liquidität opportunistisch: Fallen uns reichlich Anlageideen ein, ist die Cash-Quote nur etwa 5%. Finden wir nicht genügend Anlageideen, nimmt sie zu.
  • Wir verstehen Gold nicht als Rohstoff, sondern als Absicherung gegen extreme Ereignisse. 

Diesen Argumenten und Ansichten kann ich viel abgewinnen und stimme ihnen weitgehend zu. Stellt sich natürlich die Frage, welche Ergebnisse mit dieser Strategie erzielbar waren. Eveillard liefert dazu am Ende des Buches einige Tabellen, im folgenden Kapitel bringe ich einige Daten von der Webseite von First Eagle Investment Management (FEIM).

 


Exkurs: Langfrist-Ergebnisse von FEIM

 

Wie bereits weiter oben erwähnt, existiert der First Eagle Investment Global Funds immer noch. Wer aktuell die Webseite besucht, findet folgendes Performance-Chart, das den Stand 31.12.2017 wiedergibt:

 

Die Performance des First Eagle Global Investmentfunds im Vergleich zum MSCI World seit 1979
Performance Chart First Eagle Global Investmentfunds, Quelle: www.feim.com

 

Hier sehen wir das Wunder des Zinseszins am Werk. Man könnte zum Beispiel glauben, dass die Rendite von 1979 bis 2004, wo Jean-Marie Eveillard den Fonds managte, langweilig war bzw. der flache Indexverlauf einer niedrigen Marktrendite entspricht.

 

Das Gegenteil ist der Fall, die Täuschung resultiert aus der linearen Y-Skala. Rechnen wir nach: Ende 2004 nach 26 Jahren hat der Fonds (Kürzel SGENX) im Beispiel das initiale Investment von 10000$ auf 449499$ gesteigert (die Zahlen kann man per Mouseover auf der Webseite bestimmen oder einer Tabelle entnehmen). Das enspricht einer kumulierten Rendite von 4494 Prozent oder 15.7 Prozent per annum! Für den MSCI World Index findet man entsprechend eine kumulierte Rendite von 1614 Prozent oder 11.3 Prozent per annum.

 

Beide Werte sind über der durchschnittlichen, langfristigen Aktienmarkt-Rendite seit 1900 von 7 bis 8 Prozent. Es waren also ausgesprochen gute Börsenjahre. Was manchen aber überraschen dürfte: Wie stark der Fonds mit seiner Outperformance von 4 Prozent gegenüber dem Index davonzieht, wenn man auf das Endresultat schaut.

 

Besuchen Sie ruhig die Webseite und spielen mit verschiedenen Startzeitpunkten herum:

https://www.feim.com/individual-investors/fund/global-fund

 

Für dieses Ergebnis mußte der Fonds im übrigen nicht in jedem Jahr den Vergleichsindex schlagen. Ich habe im Zeitraum bis 2004 insgesamt 9 Jahre gezählt, in denen es so war:

 

Die Jahresperformance des First Eagle Global Funds im Vergleich zum MSCI World Index.
Jahresperformance First Eagle Global (SGENX) vs. MSCI World seit Auflegung, Quelle: www.feim.com

 

Da der Fonds international anlegt, ist der MSCI World eine faire Benchmark. Jean-Marie Eveillard und die Investment-Gesellschaft weisen zurecht darauf hin, dass man ebenfalls das Risiko als zweite Seite der Medaille betrachten sollte, mit der die Renditen erzielt worden sind.

 

Das obige Jahreschart zeigt dazu bereits, dass der Fonds in der Phase 2000 bis 2003 Verluste gänzlich vermeiden konnte und in 2008 nur 20 Prozent einbüßte, als der Markt 40 Prozent verloren hat. Das ist das Fundament des Erfolgs: ein niedriger maximaler Drawdown. Auch die Volatlität des Fonds und das Beta des Fonds sind niedriger, was für ein gutes Risiko-Management spricht. In den letzten 10 Jahren erzielte der Fonds 6.5% p.a. vs. 5% p.a. des MSCI World - die Outperformance war also kleiner.

 

Niedrigere Volatilität bei höherer Rendite als der MSCI World, so soll es sein.
Risiko-Rendite Map für den First Eagle Global Fonds, Quelle: www.feim.com

Fazit zum Buch und Fonds

 

Jean-Marie Eveillard blickt in diesem Buch auf seine Karriere, seine Erfolge und Fehler zurück. Die Idee des Value-Investings wird vorgestellt, ohne dabei in die Tiefe zu gehen. Eveillard richtet seinen Stil an den jeweiligen Gegebenheiten aus und ist damit flexibel und undogmatisch. Er positioniert sich damit zwischen den beiden Hauptrichtungen des Value-Investings: Deep Value (Benjamin Graham) und Value & Quality (Warren Buffett). Er zeichnet einige Investments nach, die positiv oder negativ enden, und man gut nachvollziehen kann.

 

Das Buch ist kein besonderes Lesevergnügen, da es sehr nüchternd und reportagehaft geschrieben ist. Im Kern vermittelt es aber solide Ratschläge und enthält ein paar unkonventionelle Gedanken. Besonders seine Meinung zu Liquidität und Gold unterscheidet sich schon deutlich von vielen anderen (Value-) Investoren.

 

Der First Eagle Global Investment Fund gehört zu den wenigen Fonds, die einen so langen und erfolgreichen Track-Record besitzen. Gerade in den vergangenen Jahren performten Investments in Hightech-Aktien und in die Momentum Strategie besser. Ein Dejavu' zur Phase um die Jahrtausendwende? Wir werden sehen. Außerdem gelangte die passive Geldanlage mittels Indexfonds zum Durchbruch und findet immer mehr Anhänger. Es wird spannend zu sehen, wie diese Entwicklung vor dem Hintergrund der unkonventionellen Geld- und Fiskalpolitik ausgehen wird.

 

 

(c) 2018 Covacoro

 


Sollten Sie sich für das Buch interessieren, so ist der Kauf bei Amazon über diesen Link nicht teurer, ich erhalte allerdings eine kleine Werbe-Vergütung. Vielen Dank, dass Sie damit diesen Blog unterstützen.


Weitere Ressourcen zu JeAN-MARIE Eveillard

 

Ein Interview mit Jean-Marie Eveillard aus 2016 mit dem Manager Magazin finden Sie hier zum Download via Value Intelligence Advisors.

 

Außerdem gibt es ein Interview auf Wealthrack mit reichlich Werbung davor, darin und darum. Aber interessant ist es trotzdem, den Autor in 2015 live zu sehen, wie er der Interviewerin Rede und Antwort steht, was er in seinem persönlichen Depot anpassen will.

 


Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Prof (Donnerstag, 22 März 2018 21:06)

    Danke für die Vorstellung. Das Buch scheint durchaus lesenswert zu sein. Der Chart "Performance Chart First Eagle Global Investmentfunds, Quelle: www.feim.com" zeigt wieder einmal beeindruckend, dass bei Langfristcharts (das geht schon bei wenigen Jahren los) eine logarithmische Werteskala unabdingbar ist.
    Das Bild im Chart ist völlig verzerrt. Während es hier die Leistung des Produktes schmälert, werden lineare Werteskalen vielleicht oft sogar bewusst genutzt, um eine optische Täuschung in Richtung starker Performance aufzuzeigen.
    Auch an den Wikifolio - Charts stört mich die lineare Werteskala.