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Erfolgreich investieren - drei unbequeme Ratschläge

Welche Fähigkeiten benötigt man, um erfolgreich aktiv zu investieren?

So zahlreich wie Sand in der Wüste sind Artikel, wie man erfolgreich investieren kann.

 

Wirklich nützliche Texte sind aber so selten wie Oasen. Zu oft wird Erfolg ausschliesslich mit dem Erzielen einer hohen Rendite gleichgesetzt.

 

Dabei bezeichnet Erfolg doch das Erreichen selbst gesetzter Ziele.

 

Mein Maßstab für erfolgreiches Investieren ist daher vieldimensionaler, meine Ziele sind vielschichtiger. Die drei Ratschläge für Investoren, die ich heute vorstellen will, erscheinen auf  den ersten Blick vielleicht ungewöhnlich. Für manchen sind sie unbequem, für manchen haben sie nichts mit Investieren zu tun.

 

Aber im Gegensatz zur beliebten Grundsatz-Diskussion, ob eine aktive Anlagestrategie der sogenannten passiven Anlagestrategie über- oder unterlegen ist, lohnt es sich wirklich darüber nachzudenken. Denn jedes erfolgreiche Investieren beherzigt Konzepte, die auch im privaten und beruflichen Leben gültig und nützlich sind.

 


RATSCHLAG NUMMER 1

 

Als Do-It-Yourself Anleger trifft man zahlreiche Entscheidungen: Wie das Portfolio konstruiert wird und in welche Werte, wann, wieviel und für welchen Zeithorizont investiert wird. Man entscheidet auch, welchen Büchern, Artikeln und Theorien man folgen will und wovon man Abstand nimmt.

 

Die Gefahr, die an dieser Stelle lauert, nimmt man erst nach längerer Zeit wahr: Je stärker Überzeugungen aufgebaut werden, was funktioniert, desto stärker wird auch das Gefühl von Wissen und Kontrolle.

 

Mein Ratschlag Nummer 1 für langfristigen Erfolg soll dem entgegen wirken:

 

Pflege Deine Unabhängigkeit im Denken.

 

Keine Theorie ist statisch, Wissen ist immer beschränkt. Das gilt auch für den Kapitalmarkt und die Geldanlage. Schaue bewusst über den Tellerrand, immer wieder und auch dorthin, wo es weh tut und Du Dich unwohl fühlst, weil die Gedanken nicht zu Deinen Überzeugungen passen. Arbeite gegen die "Favoritis" im Internet, hinterfrage Glaubenssätze, halte Ausschau nach neuen Erkenntnissen, werde niemals abhängig von den Informationen bestimmter Webseiten, Blogs, etc.  

 

 

„Der Kluge lernt aus allem und von jedem,

der Normale aus seinen Erfahrungen und

der Dumme weiß alles besser.“

 

Sokrates

 


RATSCHLAG NUMMER 2

 

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Sokrates zitiere ich, weil man flexibel und unabhängig sein muss, um Rat und Wissen aus allem und von jedem zu akzeptieren und sich anzueignen. Beim Investieren an der Börse geht es nämlich nicht darum, schlauer als Andere oder der Markt sein zu wollen.

 

Oftmals scheitern kluge und intelligente Menschen, weil sie nach einem Kochrezept oder einem geschlossenen Modell mit Gesetzmäßigkeiten für die Geldanlage suchen. Etwas das immer funktioniert. Aber wer die Situation tatsächlich richtig eingeschätzt hat, als er auf den Kauf- oder Verkaufsbutton drückte, weiß man erst im Nachhinein. Kein Investor liegt immer richtig. Daher lautet mein zweiter Ratschlag:

 

Habe den Mut, in unsicheren Situationen eher zu entscheiden, als Andere.

 

Wer höchstmögliche Sicherheit will, wer erst alle Informationen und Details auf dem Tisch haben will, bevor er pro oder kontra entscheidet, minimiert seine Chancen. Dabei ist es egal, welche Strategie er verfolgt: trendfolgend oder antizyklisch, Fundamental-Analyse oder Charttechnik. Aktive Anleger müssen wie Unternehmer in der Lage sein, Risiken auszuhalten und Entscheidungen in unsicheren Situationen zu treffen. Wer sich das nicht klar macht, wird langfristig nicht zufrieden sein. Dann bedeutet Geldanlage an der Börse Stress. Dann will man eigentlich nur in Ruhe gelassen werden und 3 Prozent auf das Tagesgeldkonto.

 


RATSCHLAG NUMMER 3

 

Aber ist das nicht sehr gefährlich? Wenn man weiß, dass man Risiko tragen muss, nicht alles wissen kann und die Zukunft vielleicht ergibt, dass die getroffene Entscheidung falsch war? Ist es dann nicht besser, einfach einen Indexfonds zu besparen, dem Markt zu folgen und alle Fünfe gerade sein zu lassen?

 

Vielleicht, die Zukunft wird diese Frage erst beantworten und auch ich kenne die Antwort jetzt noch nicht. Unabhängig ist eine solche Strategie jedenfalls nicht. Bisher war es so, dass jede und ich betone jede Technologie durch den Menschen auch schädlich oder falsch und gegen die Menschen und Gesellschaft eingesetzt wurde. An den Kapitalmärkten tragen diese Produkte bevorzugt sperrige Namen oder dreibuchstabige Abkürzungen (CDO, MBS, ETF).

Die Warnungen im Zusammenhang mit ETFs und der Liquidität, die sie für viele Märkte vortäuschen, reißen nicht ab.

 

Was mich zu meinem letzten Ratschlag führt:

 

Suche in allem, was Du tust, die goldene Mitte.

 

Das klingt simpel. Im Detail ist es aber verdammt schwierig. Ein Beispiel gefällig?

 

Nehmen wir das Thema Diversifikation. Wenn alle Investoren in die gleichen Assetklassen diversifizieren und es passiert etwas Schlimmes, haben wir keine Diversifikation. Dann stürzen alle Werte ab, wenn die Herde zum Ausgang drängt. Nur auf eine Assetklasse zu setzen, ist fahrlässig. Die goldene Mitte zu finden ist schwierig, anstrengend, unbequem und vor allem: diese Mitte ist nicht statisch. Also denke über Diversifikation 3.0 nach.

 

Oder auch: wieviele Werte gehören ins Depot? Maximale Diversifikation über Indexfonds und mehr als 2000 Einzelwerte? Zu schön um wahr zu sein. Wir haben viel Geld in den Marktriesen und wenig Geld in den Zwergen. Kurzfristig erleidet man nur kleine Verluste, langfristig sind wir garantiert bei jeder Pleite, jedem Skandal, jeder Blase dabei und unsere Ergebnisse sind garantiert der Durchschnitt. Sieht so Erfolg aus? Und was ist mit einer konzentrierten Anlage in nur ein, zwei, drei Werte? Klumpenrisiko Immobilie vielleicht? Auch Harakiri. Wieder gilt es die goldene Mitte zu finden, ist es schwierig, anstrengend, unbequem.

 

Daraus sollten wir lernen, dass alle Verkäufer, die betonen wie einfach und sicher etwas ist, vor allem Eins wollen: verkaufen. Stattdessen besser um Ratschlag 2 wissen und der Unsicherheit mit Flexibilität und Hinzulernen mittels Ratschlag 1 begegnen!

 

Zum Abschluss noch ein Zitat von Howard Marks. Auf dem Blog habe ich schon mehrfach seine Memos verlinkt, da er für mich einer der unabhängigen Denker und Investoren ist, die man sich wirklich zum Vorbild nehmen kann. Was denken meine Leser über meine drei Investment-Ratschläge und was würden sie vielleicht ergänzen? Ich freue mich auf Eure Kommentare?

 

Erfolgreiches Investieren

Covacoro

 

 

“In addition to superior skill, successful investing

requires the ability to look wrong for a while

and survive some mistakes.”

 

Howard Marks

 

 

 

(c) 2017, Covacoro 


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Kommentare: 8
  • #1

    Prof (Samstag, 11 November 2017 21:07)

    Ein hochphilosophischer Artikel, wie ich meine. Aber die drei Ratschläge haben etwas.

    Für den Anfänger vielleicht etwas zu hoch gestochen geschrieben, man kann Vieles daraus herauslesen. Er möchte vielleicht ewas mehr an die Hand genommen werden? Und dann mit einem relativ kleinen Einsatz erst einmal in See stechen...

  • #2

    Covacoro (Montag, 13 November 2017 19:20)

    Hallo Prof, da kam wohl bei mir der Philosophie-Professor durch :-)

    Für Anfänger empfehle ich mein Archiv. Da finden sich zum Beispiel im Mai 2015 Artikel zum Value-, Growth- und Contrarian-Anlagestil. Außerdem den Buchreview Grundsätze soliden Investierens (Sept. 2015) und Reich werden und bleiben (Dez. 2015), die beide zahlreiche Hinweise und verständliche Empfehlungen bereit halten. Last but not least findet man über die Suche (rechts in der Seitenleiste) leicht Artikel zu ETFs, Börsenbriefen, typischen Fehlern. Besonders ans Herz lege ich die Artikel Drei einfache Fragen sowie Der Blick in den (Rück-) Spiegel.

  • #3

    EasyWISA (Dienstag, 14 November 2017 11:54)

    Hallo Covacoro,

    kluge Worte, die du uns da präsentiert hast. Neben dem von dir genannten Howard Marks bietet sich Charles Munger mit seiner prägnanten Aussage 'Invert, always invert' natürlich auch als Beispiel eines Querdenkers an, der im Investmentbereich erfolgreich ist/war.

    Ich hatte bei mir auch schon mal ein 'Plädoyer für Stockpicking' geschrieben, bei dem ich sinngemäß die intellektuelle Herausforderung beim Investieren abseits von ETFs als Hauptgrund für das Aufbringen der Aufwände nannte, die man ja doch durchaus beim detaillierten Analysieren eines Unternehmens betreibt.

  • #4

    coincidence (Freitag, 17 November 2017 12:21)

    Hmm..? Was soll man von deinen Ratschlägen halten? Ehrlich gesagt halte ich nicht viel davon. Das liegt auch daran, dass sie doch arg allgemein geahlten sind, und dadurch durchaus "Binsenqualität" besitzen. Natürlich ist Ratschlag 1 in gewisser Weise sinnvoll. Wer würde bestreiten wollen, dass es mitunter die Gefahr gibt, sich des eigenen Denkens zu sicher zu sein. Die eigenen mentalen Modelle brauchen eben eine gewisse Balance zwischen Stringenz und Offenheit. Schließlich leben wir in einer dynamischen Umwelt. Diese Balance zu finden ist eben die Kunst, und nicht das schlichte Hinterfragen der eigenen Position. Denn wenn man noch dem letzten Zweifel hinterherjagt, dann wird es auch problematisch einen eigenen konsistenten Plan zu verfolgen.
    Auch der Ratschlag zwei hat so seine Tücken. Handle eher als die Anderen. Klingt gut, aber bei etwas Nachdenken bleibt auch nur die Binse übrig. Oder die Hybris. Klar jeder sieht sich gernecals denjenigen, der den Trend früh erkennt, und daraus einen Nutzen ziehen kann. In "unserem Zusammenhang" bleibt davon nur der Versuch übrig, den Markt noch effektiver zu timen. Da es darüber einen wissenschaftlichen und "leidenschaftlichen" Diskurs gibt, möchte ich mich mal ob der Sinnhaftigkeit dieses Ansatzes etwas zurückhalten.
    Im Prinzip gibt es an der Börse kein "Nicht-Handeln" zumindest unter der Prämisse effizienter Märkte. Aber ich nehme mal an, dass der Autor nicht an effiziente Märkte glaubt, sonst wäre er auch kein "aktiver" Anleger. Noch so ne philosophische Grundsatzfrage. :-)
    Trotzdem erzeugt dieser Imperativ des "früheren Handelns " eine Drift in Gang, in der jeder versucht früher als die anderen zu handeln. Und dann? Endet dann jeder als Day-Trader?
    Und wenn ich versuche mich auf dem "Peloton" zu lösen, dann verlasse ich doch die Goldene Mitte. Oder betrifft dieser Timingversuch den Ratschlag Nummer 3 nicht?
    Die "Goldene Mitte". Die optimale Strategie. Wer würde sich das nicht wünschen?
    Oder soll es doch die eierlegende Wollmilchsau sein?
    Also doch eher Binse.
    Das Problem mit Weisheit ist auch darin begründet, dass für jede "tiefe Wahrheit" auch das genaue Gegenteil gilt.
    Nichts für ungut.

  • #5

    Covacoro (Freitag, 17 November 2017 19:36)

    Danke für Deinen Kommentar @coincidence - ich lasse den so stehen, weil es bezüglich Effizienzmarkthypothese und Markttiming eine endlose Diskussion werden könnte. Jeder versteht darunter etwas Anderes. Auch was ein anscheinend simpler, schwer zu beherzigender und umzusetzender, aber wertvoller Ratschlag ist (weil er typisch menschlichen Emotionen entgegen steht) und was eine Binsenweisheit (allgemein bekannte Tatsache) ist, darüber kann man vollkommen geteilter Meinung sein. Trotzdem, explizit Danke und gerne mehr kritische und ausführliche Kommentare!

  • #6

    Evidence (Samstag, 18 November 2017 11:32)

    @Covacoro: Wow, wie ruhig du auf den unsachlichen Kommentar bleiben kannst und sogar noch weitere Antworten ermutigst. Er geht doch am Kern deiner Argumente vorbei.

    @coincidence: Wenn das alles Binsenweiseheiten sind: Warum rennen denn die passiven Anleger wie die Herde dem Trend ETF hinterher? Schon mal gelesen, wie ein Großteil diese nutzt? Ziemlich aktiv, mit häufigem Kauf und Verkauf nämlich. Wenn das Binsenweisheiten sind, warum handeln dann so wenige danach? In unsicheren Zeiten im Markt zu bleiben beispielsweise oder gerade dann zu kaufen. Scalable wirbt damit, wie sei einem in unsicheren Zeiten der Arsch retten, in dem sie raus gehen!
    Die Effizienzmarkt-Dingens, das ist doch die Theorie mit den 57 Sternchen dran. Die genau dann nicht funktioniert, wenn es am nötigsten wäre. Die vernachlässigt, dass es die "rationalen" Anleger nicht gibt und sie sich im Abschwung nicht rational verhalten. Last but not least: Die goldene Mitte ist nicht die optimale Strategie, sondern die flexibelste. Es geht hier nicht um den heiligen Gral.

    Nichts für ungut.

  • #7

    coincidence (Montag, 20 November 2017 12:17)

    @covacoro

    Erstmal vielen Dank, dass du meinen leicht provokatischen Kommentar veröffentlicht hast. Hab' ich ehrlich gesagt nicht erwartet. Kompliment.

    @Evidence

    Nun ja, Deine Sprache ist schon recht verräterisch.
    Da rennen also die passiven Anleger als Herde dem ETF-Trend hinterher. Hmm?
    Ich mag das jetzt gar nicht beurteilen, aber da spricht schon eine recht festgefügte Meinung heraus, was das Anlegen betrifft. Man könnte sagen, du befindest dich im "Schützengraben", eben auf der Seite der aktiven Stockpicker und Markettimer. Das muss ja nicht falsch sein.
    Und nun muss ich meinen Ausgangspost ein Stück weit zurücknehmen. Covocaro hat vielleicht doch die richtigen Worte gefunden, was das "Über den Tellerrandblicken" betrifft.
    Man sollte eben nicht blind in der eigenen Blase verharren.

  • #8

    bean-counter (Freitag, 01 Dezember 2017 15:18)

    Hab´ heute Deinen Blog "entdeckt", Covacoro - gefällt mir. Wir haben den gleichen Jahrgang, aber etwas (nicht vollständig) unterschiedliche Historie/Erfahrungen und auch Schlussfolgerungen aus der Vergangenheit... Insofern, und hier der Bezug zu diesem Artikel, stimme ich Dir bei den drei Ratschlägen weitgehend zu. Hinter "Unabhängigem Denken", im Sinne von "beachte komplementäre Ansichten", "Mut zur Entscheidung" und teilweise "keine allzu extreme Positionierung" kann ich mich weitgehend versammeln. Vielleicht beim dritten Punkt noch am wenigsten, denn eine auch nur gelegentliche Contrarian-Positionierung erfordert gerade die Abweichung von der goldenen Mitte. Aber ja, Ratschläge sind auch Schläge, vielleicht deshalb wird jeder Leser diese drei Punkte nicht ganz unkritisch aufnehmen - wobei wir aber wieder beim ersten Punkt, dem unabhängigen Denken wären... :-)