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Wikifolio-Auswertung Q4/2018 und 6 Jahre

Am 22.01.2013 erblickte mein wikifolio das Licht der Welt und schon 2 Monate später wurde es im März als Zertifikat emittiert.

 

Damit ist mein Musterdepot, in das ich auch selbst investiert bin, schon 6 Jahre alt.

 

Grund genug, neben der Rückschau auf das letzte Quartal, ein Fazit zu ziehen.

 

Drei Dinge nehme ich unter die Lupe: Welche Teile meiner Strategie funktioniert haben, ob sich die Struktur wikifolio bewährt hat, sowie last but not least, welche Änderungen ich für die Zukunft plane.
 


DIE WERTENTWICKLUNG im LETZTEN QUARTAL

 

Das wikifolio war Ende September 2018 in 11 Aktien investiert, wie man hier nachlesen kann. Ende 2018 waren nur noch 6 Werte übrig: AT&S, Berentzen, Deutsche Euroshop, Encavis, FACC und Haemato. Die restlichen Aktien wurden per Stop Loss liquidiert (siehe Bilder unten für Details) und bescherten dem Depot eine negative Performance von 15 Prozent.

 

Für das Gesamtjahr 2018 steht damit laut Wikifolio-Webseite ein Minus von 24 Prozent zu Buche, was die positive Entwicklung in 2017 (+22 Prozent) vollständig ausradiert. Es ist nicht ungewöhnlich, dass Nebenwerte in einer Korrektur stärker verlieren als die großen Blue Chips.

 

Ich hatte Ende 2017 mit größerer Volatilität und ungemütlichen Börsen gerechnet. Daher versuchte ich, das Depot defensiver zu gestalten, wie hier beschrieben. Das ist offensichtlich nicht gelungen: Weder die gewählten Branche noch die hohe Dividendenrendite der Aktien bremsten den Kursrückgang im 4.Quartal.

 

Insofern kann ich aus 2018 drei wertvolle Lektionen lernen:

  1. In einem konzentrierten Portfolio mit weniger als 20 Positionen ist die Verlust-begrenzung erste Priorität. Ich toleriere bisher Kursrückgänge von 25 bis 35 Prozent, solange es keine fundamental negativen Nachrichten zu den Unternehmen gibt. Diese Schwellen sind rückblickend zu hoch.
  2. Die Branchen-Rotation hat als ein Teil der Covacoro-Strategie nicht funktioniert bzw. wurde von mir schlecht umgesetzt. 2018 war außerdem dadurch gekennzeichnet, dass nur eine Cashposition vor Verlusten (vor Inflation betrachtet) bewahrt hätte. Über das Jahr betrachtet, habe ich die Liquidität nicht gut gemanagt.
  3. Bei negativer Entwicklung der grossen Indizes muss ich schneller und entschiedener umsteuern. Dann geht es nicht um Einzelwertauswahl oder das Finden von Chancen, sondern um Risikomanagement und neue Käufe sind zurückzustellen.

 


VERGLEICH ZUM EIGENEN DEPOT

 

Nach diesen allgemeinen Punkten habe ich in einem zweiten Schritt mein wikifolio gegen mein restliches Depot über die kompletten 6 Jahre verglichen.

 

Warum liegt mein Depot inklusive Cash bei plus 60 Prozent, während das wikifolio per 22.01.2019 nur mit plus 30 Prozent performt? Warum hat meine Nebenwerte-Strategie nicht besser abgeschnitten, obwohl sie bereits zwei Marktrückgänge verkraften konnte? (Die  Performancezahlen über 15 Jahre sind zum Beispiel in diesem Artikel nachzulesen: +270% kumuliert bzw. ~8.5% p.a..)

 

Mit Hilfe des Programms Portfolio Performance ist das Rätsel schnell gelöst: Ich habe die Kosten der wikifolio-Struktur unterschätzt und den Vorteil des steuerfreien Handels im Portfolio und von steuerfrei gezahlten Dividenden überschätzt.

 

So nahm ich anfangs an, dass die Zertifikategebühr (0.95% p.a.) sich über die Dividenden kompensieren würde. Meine Depot-Dividendenrendite lag im Durchschnitt bei 4%, worauf im wikifolio keine 25%-ige Abgeltungssteuer anfällt, was rechnerisch eine Ersparnis von ungefähr 1% ergibt. Das ist aber mittlerweile hinfällig, denn es wird eine 15%-ige Körperschaftssteuer einbehalten.

 

Außerdem habe ich beim Start in 2013 die Performancegebühr einfach in die Mitte des Möglichen gesetzt: auf 20%. Das geschah in Unkenntnis der Tatsache, dass die High Watermark jedes Kalenderjahr zurückgesetzt wird und nicht dem jeweiligen Allzeit-Höchstkurs entspricht. Damit bewirken Kursschwankungen von Jahr zu Jahr, dass die Performancegebühr viel öfter fällig wird und der größte Kostenblock ist. (Zu den Details der Gebühren bei wikifolio: ein Artikel im Blog sowie hier auf der Webseite von Wikifolio). 

 

Konkret: Das virtuelle Portfolio startete mit 50000 Euro. In 6 Jahren wurden Kurserfolge von knapp 19500 Euro erzielt (39%) und Erträge (Dividenden) in Höhe von 10800 Euro verein-nahmt (22%). Die Zertifikategebühr betrug in Summe über 6 Jahre etwa 3800 Euro (7.6%) und die Performance-Gebühren sage und schreibe 10800 Euro (22%).

 

Vereinfacht über den Daumen gepeilt: Ohne die 30% Gebühren wäre die Cashposition im virtuellen Portfolio jetzt um 14600 Euro größer und würde meinem realen Depotzuwachs von +60% sehr nahe kommen. Tatsächlich war die Entwicklung des Depots noch etwas besser, schließlich wurden Transaktionskosten und Abgeltungssteuer dort bezahlt. Diese Überschlagsrechnung war übrigens möglich, indem ich die Performance-Gebühren in die Rubrik "Steuern" buchte und so in der Berechnung abgrenzen kann:

 

Berechnungsdetails zur Performance und den Gebühren des wikifolios über 6 Jahre (Steuern=Performancegebühr)
Berechnungsdetails zur Performance und den Gebühren des wikifolios über 6 Jahre (Steuern=Performancegebühr)

 

Nun ist mir auch verständlich, warum mein Versuch die Performance-Gebühren nachträglich zu senken, per schriftliche Anfrage an Wikifolio, negativ beschieden wurde. Diese Gebühren sind die Haupteinnahmequelle für das Unternehmen, auch wenn sie teilweise mit den Tradern geteilt werden. Während Investmentfonds und ETFs Gebührensenkungen (und -erhöhungen) jederzeit ankündigen und durchführen, schiebt Wikifolio dem daher einen Riegel vor.

 

Auch hier gibt es für mich zwei Lektionen:

  1. Für Investoren, die nicht täglich oder wöchentlich handeln, ist der Gebührenvorteil des internen Handels im wikifolio irrelevant. Da steuerfreie Dividendengutschriften Geschichte sind, seitdem 15% Körperschaftssteuer erhoben werden, und US-Dividenden gar nicht mehr gezahlt werden, gibt es für die Zertifikategebühr keine Kompensation durch Steuereffekte.
  2. Die Performance-Gebühren sind der wesentliche Kostenfaktor und eine Fehl-konstruktion, da so die Interessen von Wikifolio und der Zertifikatekäufer gegensätzlich sind. Selbst wenn der Initiator des wikifolios eine minimale Gebührenbelastung will, ist das nicht umsetzbar. Der Vorteil der gleichen Interessen von Trader und Anleger des wikifolios (gute Performance) sollte darüber nicht hinwegtäuschen.

    Unstrittig ist, dass Wikifolio für die Plattform etc. eine Vergütung zusteht, doch diese hat nichts mit der Performance der wikifolios zu tun, sondern eher mit der Qualität des Service und der Dienstleistung. Diese Vergütung sollte je Zertifikat sinken, je mehr Zertifikate emittiert wurden und je höher die Summe der Assets under Management sind. Eine saubere Alternative erscheint daher nur die Integration der Wikifolio-Vergütung in die Zertifikategebühr und eine Trennung von der sogenannten Erfolgsprämie der Trader.

 


FAZIT UND AUSBLICK

 

Mit der Entwicklung meines wikifolios bin ich für 2018 und insgesamt natürlich nicht zufrieden. Die Performance liegt aktuell bei knapp 4.6% p.a. und somit hinter dem formulierten Ziel von ca. 10% p.a. zurück. Aber ich habe auch viel dazugelernt und die Transparenz des Musterdepots hilft, nicht dem Rückschaufehler oder anderen Ausflüchten zu unterliegen. Daher möchte ich das Musterdepot auch weiterführen.

 

Mein Plan ist daher, bald ein zweites Wikifolio zu publizieren, das die Erkenntnisse aus den ersten 6 Jahren Covacoro-Strategie berücksichtigt und weiterentwickelt. Ich werde mit der minimalen Performancegebühr starten und hoffe, dass noch mehr Trader und Anleger sich stark machen, dass Wikifolio die Gebührenstruktur überarbeitet.

 

Für meine "Erfolgsgebühren" werde ich einen guten Zweck suchen und diese Einnahmen spenden. Das halten auch andere Trader bereits so und diese nehme ich mir zum Vorbild. Psychologisch kann es ja hilfreich sein, wenn man weiß, dass man Gutes bewirken kann.

Last but not least sind damit die Tage des ersten Covacoro-Zertifikats gezählt, wer investiert ist und dazu Fragen hat, kann gerne das Kontaktformular nutzen.

 

 

Covacoro

(c) 2018

 


 

Wie immer freue ich mich über Kommentare, Fragen und Anmerkungen zu den einzelnen Unternehmen oder zum Wikifolio im Blog oder per Email.

 

(c) 2018 Covacoro

 


 

"Eine Kaufgelegenheit entsteht dann,

wenn ein gutes Unternehmen plötzlich ein großes,

aber lösbares Problem hat."

 

 

 Warren Buffett


Kommentare: 4 (Diskussion geschlossen)
  • #1

    Prof (Mittwoch, 23 Januar 2019 10:57)

    Das ist echt krass, wie die Gebühren uns nach unten ziehen. Jedes Jahr gibt man ein gutes Stück Performance ab. Dass die US-Dividenden einfach "kassiert" werden, ist ebenfalls ein großer Nachteil.

    Und das High Watermark Prinzip schlägt zu diesem Jahreswechsel besonders stark zu. Wobei ich die High Watermark nicht mehr im Wikifolio finden kann.

  • #2

    Mario (Mittwoch, 23 Januar 2019 16:45)

    Darf ich fragen, warum du überhaupt mit einem Wikifolio weitermachen willst?

    Der geneigte Leser könnte doch ein Depot mit nur 6 Wert auch locker selber replizieren, ohne dafür diese hohen Kosten zu haben. Du willst ja offensichtlich damit auch nichts für dich verdienen...

  • #3

    Covacoro (Mittwoch, 23 Januar 2019 20:04)

    @Mario:

    Eine gute Frage. Ein Grund für das Wikifolio war auch, dass ich für Family&Friends eine praktikable Lösung haben wollte. Erfahrene Börsianer kennen das ja: Da wird man hier und da um einen "Rat" gefragt und meist geht es eigentlich darum, jetzt, sofort, einen heißen, kostenlosen Tipp zu erhalten. Weil man weiß oder gehört hat: Der macht was mit Börse. Und 2 Wochen später ist das Depot wieder Nebensache. Irgendwann wird dann mal nachgeschaut. Ist der empfohlene Wert im Plus, ist alles ok, nicht der Rede wert. Ist er im Minus, auch wenn das nach 3 Jahren ist oder in einem schlechten Umfeld passiert, hat man ja einen Schuldigen: den Tippgeber. Weder will man sich mit dem Unternehmen beschäftigen, noch eine eigene Strategie entwickeln, noch die Konjunktur verfolgen ... eben aktiv am Ball sein. Darum will ich solche Tipps nicht geben. Das geht immer schief, weil man das Depot des Anderen nicht kennt, seine Risikofähigkeit, sein Nervenkostüm und so viele weitere Dinge, die eine Rolle spielen. Ich bin immer für eine gute Diskussion zu haben, aber Empfehlungen gebe ich nicht gerne. Manchmal kam diese Haltung nicht gut an.

    Jetzt sage ich einfach: Ich habe ein Wikifolio, Nebenwerte, spezielle Strategie, vielleicht könnte es eine Beimischung sein. Informiere Dich über die Gebühren, die Strategie und die Trades online und wenn es Dir immer noch zusagt, kaufe das Zertifikat im Ganzen oder trade die Werte darin nach. Du bist selbst verantwortlich, wann Du kaufst oder verkaufst, so oder so, keine meiner Aktien ist ein "heißer Tipp". Und so trennt sich die Spreu vom Weizen ...

    Ich werde jetzt sehen, wieviele Anleger im Wikifolio sich melden und dann sehe ich mal weiter.

    Covacoro

  • #4

    Mario (Donnerstag, 24 Januar 2019 10:57)

    Den Hintergrund kann ich gut nachvollziehen. Ich werde auch ab und an mal angesprochen. Über einzelne Werte spreche ich dann nur, wenn ich gerade was aus meiner Sicht wirklich interessantes gefunden habe (was in den letzten Jahren eher selten geworden ist) und ich glaube, dass das zu demjenigen passen könnte. Ansonsten verweise ich auf meinen blog, auf dem man ja meine Gedanken zu Kaufen und Verkaufen laufend und vollständig mitverfolgen kann.

    Ich hätte irgendwie ein Problem damit friends&family ein Produkt ans Herz zu legen, das ein aus meiner Sicht eher ungünstiges Gebührenmodell beinhaltet. Für mich war die Überlegung über ein eigenes Wikifolio aber ohnehin schnell erledigt, als ich erkannt habe, dass sich mein persönliches Depot damit sowieso nicht ansatzweise replizieren lässt. Ich habe zu viele ausländische Spezialitäten und Anleihen...