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Schmankerl aus Österreich

Im zweiten Teil dieser kleinen Artikelserie zu Nebenwerten geht es um Aktien aus Österreich.

 

Wieder stelle ich ein Trio vor: AT&S, FACC und Frequentis. Alle drei Unternehmen haben gemeinsam, dass sie international tätig sind. Aber wie im letzten Artikel zu Schweizer Perlen, sind sie doch sehr verschieden, wenn man ins Detail schaut.

 

 


Warum ÖSTERREICH?

 

Aktien aus Österreich sind hierzulande weniger bekannt als solche aus Deutschland. Dabei hat ein privater Investor gleich zwei Vorteile, wenn er sich mit Ihnen beschäftigt: Einerseits gibt es keine Sprachbarriere, alle Geschäftsberichte sind in Deutsch. Andererseits ist das Verfahren zum Quellensteuerabzug digitalisiert und funktioniert recht reibungslos.

 

Interessante Unternehmen gibt es jedenfalls zahlreiche, so dass mir die Auswahl für den heutigen Artikel recht einfach gefallen ist. Eine Suche auf der Seite der Deutschen Börse (Xetra und Frankfurt) ergibt 49 Treffer, auf der Seite der Börse Berlin sind es 56 und Lang&Schwarz bietet außerbörsliche Handelsmöglichkeiten für immerhin 47 Werte an.

 


AT&S - IMMER GANZ VORN DABEI

AT&S ist vordergründig ein Hersteller von Leiterplatten, der neben europäischen Werken auch solche in China und Indien besitzt. Die Produkte werden in zahlreichen Branchen eingesetzt, vom Mobilfunk über Smart Watches bis hin zu Industrie und Medizintechnik.

 

Wer eine genaue und detaillierte Vorstellung des Unternehmens und seiner Geschichte nachlesen will, kann das mit folgenden Artikeln hier auf dem Blog nachholen:

Seit 2016 wurden in Chongqing (China) sogenannte IC-Substrate hergestellt und zwar gemeinsam mit INTEL. Jedem PC-Enthusiasten sind sicher der Erfolg von AMD mit Ryzen etc. bekannt. Was ist das gemeinsame Merkmal? Die Chip-Technologie ist - vereinfacht gesagt - mit Strukturgrößen von kleiner 10nm in den letzten Jahren an ihre physikalischen Grenzen gestoßen. Auch signifikant höhere Taktfrequenzen wird es absehbar nicht geben.

 

Weitere Leistungssteigerungen werden aber möglich, wenn man das Gesamtsystem optimiert und sogenannte Chiplets zu größeren Chips "zusammenfügt". Jeder Hersteller hat dafür Lösungen parat. Bei Intel heißt die Technologie EMIB bzw. die Weiterentwicklung FOVEROS. TSMC spricht von CoWoS oder SoIC-Packaging.

 

Der Kern ist jedoch in allen Varianten, dass es ein IC-Substrat gibt, welches zwischen der Leiterplatte (Circuit Board) und den Chiplets (das können beliebige Schaltkreise sein, wie Mikroprozessoren, FPGAs, Speicher usw.) angeordnet ist, wie es das Bild unten zeigt. Mehrere Chiplets übernehmen dann die Funktion des Gesamtsystem und sind leistungsfähiger, sparsamer und ökonomischer als ein riesiger Chip.

 

Intel Foveros Schematic, Quelle: wikichip.org
Intel Foveros Schematic, Quelle: wikichip.org

IC-Substrate sind technologisch anspruchsvoll, da sie sehr feine und präzise hergestellte Strukturen benötigen, um die Chips untereinander perfekt zu verbinden. Hier kommt nun AT&S ins Spiel, die bisher für ihre HDI-Leiterplatten bekannt waren.

 

Die Herstellung des IC-Substrats zu meistern und zwar perfekt auf Unter- und Oberseite, hatte 2016/17 zu einigen Anlaufschwierigkeiten im neuen Werk geführt. Mittlerweile berichtet man aber im Geschäftsbericht und in der Unternehmenspräsentation selbstbewußt über die Erfolge und Pläne auf diesem Gebiet, die Kapazität soll sich verfünffachen:

 

Ausbaupläne für IC-Substrate, Quelle: AT&S IR Präsentation
Ausbaupläne für IC-Substrate, Quelle: AT&S IR Präsentation

 

Aus meiner Sicht ist es AT&S damit erneut gelungen, sich in einem "Sweet spot", also einer lukrativen Nische für die nächsten 5 bis 10 Jahre zu positionieren.

 

Würde es dem Unternehmen außerdem gelingen, weitere Kunden neben INTEL für diesen Geschäftsbereich zu finden, wäre ein zusätzlicher Wachstumsschub sicher. Diese Strategie hat man in der Vergangenheit erfolgreich mit Nokia, RIM und Apple verfolgt. Diese Unternehmen waren ebenfalls als Lead-Customer und Partner bei der Entwicklung von neuen Technologien an Bord.

 

In Summe ist mir daher - trotz aller Zyklen im Geschäft über die vergangenen Jahre, die sich natürlich auch im Aktienkurs niederschlagen - bei diesem Wachstumswert nicht Bange.  Solange die Strategie stimmt, bleibt AT&S nicht nur "First Choice for advanced applications" sondern auch "First Choice für das Depot".

 


FACC - Leichtgewicht im AUFWIND

 

Auch das Unternehmen FACC begleite ich bereits seit 2016 und wir machen nun einen Schwenk in die Branche Luftfahrtzulieferer. FACC stellt Flugzeugkomponenten her, die zum Beispiel als Leitwerk oder am Triebwerk zum Einsatz kommen. Bestimmendes Merkmal ist, dass sie in Leichtbauweise aus Karbonfaser-Werkstoffen hergestellt werden. 

 

Bekannt wurde FACC mit der Fertigung von Winglets, die an den Enden von Tragflächen angebracht werden und eine Reduktion des Kerosinverbrauchs bei vielen modernen Flugzeugen ermöglichen. Last but not least stellt man Elemente für die Kabinen der Flugzeuge her, wie Ablagefächer für das Handgepäck, Teile für Sitze, Trenntüren, Verkleidungen. Man ist mit allen großen Flugzeugherstellern im Geschäft und diese prognostizieren für die nächsten Jahre deutliche Zuwächse im Luftverkehr.

Auch hier möchte ich auf 2 Artikel verweisen, die FACC ausführlicher vorstellen und deren Kernpunkte weiterhin gültig sind, sowie auf die Unternehmens-IR-Seite:

In 2018/19 lief nicht alles perfekt für FACC, da man zwar einige neue Projekte und Aufträge gewinnen konnte, gleichzeitig aber auch Gegenwind zu spüren bekam:

  • Airbus gab die Einstellung bzw. den Auslauf des A380 Programms bekannt
  • Boeing wechselte von der B737 NG zur B737 Max Generation

Beide Punkte bedeuten, dass profitable Umsätze verloren gehen. Stattdessen müssen Werkzeuge abgeschrieben und Planungen korrigiert werden. Ärgerlich war sicher, dass die Winglets der B737 Max nicht von FACC geliefert werden, sondern ein anderer Zulieferer zum Zuge kam. Boeing selbst ist dieses neu designte Winglet jedenfalls eine Extra-Webseite und Würdigung wert: Link.
 

B737 Max "Dual Feather" Winglet, Quelle: Boeing
B737 Max "Dual Feather" Winglet, Quelle: Boeing

 

Was man damals noch nicht wußte, sind die Probleme mit dem MCAS-System und der Sicherheit der B737 Max Flugzeug-Reihe, die seit März 2019 zu einem Grounding der Flugzeugreihe geführt hat. Davon ist man nun bei FACC glücklicherweise nicht betroffen!

 

Airbus ist aber insgesamt sehr erfolgreich unterwegs und hat u.a. das Bombardier C-Series Programm übernommen und voran gebracht. Hier ist FACC beteiligt und wird von den Aufträgen für die A22X-Familie profitieren.

 

Da der Markt insgesamt wächst, der Anteil von Leichtbaukomponenten sowieso und auch China mittelfristig große Pläne für die eigene Luftfahrt-Industrie hat, gibt es jedenfalls genügend Aufwind für FACC, um das Umsatzziel von 1 Milliarde Euro nur etwas später als geplant, aber nachhaltig zu erreichen.

 

Die kurzfristig harten Entscheidungen von Airbus und Boeing verdeutlichen dem Zulieferer zudem, dass man für die künftige Profitabilität vorsorgen muss. Höhere Automation und größere Serien sind eine Seite der Medaille, die man bereits mit Investitionen adressiert hat. Nun ist die zweite Seite der Medaille zu betrachten: Amortisation von Entwicklungskosten, Vermeidung von überproportionalen Anlaufkosten, Flexibilität.

 

Ich denke, FACC hat erkannt, dass man sonst in die Fußstapfen der Automobilzulieferer rutschen würde. Nachhaltige EBIT-Margen im Bereich von 8 bis 10% sind für den Konzern vermutlich nur erreichbar, wenn man dies vermeiden kann. Die Chancen dafür stehen meines Erachtens nach gut.

 


FREQUENTIS - ALLES UNTER KONTROLLE

 

Frequentis gibt es bereits seit 1947 und das Unternehmen bietet Kommunikations- und Informationssysteme für Leitzentralen an, die mit sicherheitskritischen Aufgaben betraut sind. Das sind zum Beispiel Systeme zur Steuerung des Flugzeugverkehrs, für Marine und Schienenfahrzeuge oder auch für Polizei, Feuerwehr und Katastrophenschutz.

 

Man bedient mehr als 500 Kunden in 50 Ländern und wie die Unternehmenspräsentation auf dem Eigenkapitalforum zeigte, tut man das seit 30 Jahren jederzeit profitabel. Da die Kunden meist staatliche Stellen sind, werden die Aufträge in der Regel ausgeschrieben. Gewinnt man die Auftragsvergabe, laufen die Projekte zwischen 15 und 25 Jahren, was eine gute Planbar-keit bedeutet.

 

Frequentis hat seinen Börsengang im Mai 2019 in Wien und Frankfurt über die Bühne gebracht und sollte auch bei konjunkturellem Gegenwind "alles unter Kontrolle" haben. Denn sowohl die Langfristigkeit der Projekte als auch ihre sicherheitskritischen Anwendungen bedeuten, dass ein Einbruch der Unternehmenszahlen sehr mild ausfallen sollte.

 

Das wird bestätigt, wenn man sich das Chart unten für die Jahre 2001 und 2009 anschaut. Daher erscheint die Aktie für Anleger mit einem langfristigen Horizont bestens geeignet.

 

Soweit für heute die Vorstellung von drei Schmankerln aus Österreich!

 

Gibt es andere Unternehmen aus diesem Land, die man auf seiner Watchlist haben sollte? Hinterlassen Sie gerne einen Kommentar dazu.

 

Viel Erfolg beim Investieren!

 

(c) 2019 Covacoro

 

Langsame und stetig wachsen: Frequentis Umsatz und Mitarbeiterzahl, Quelle: Unternehmen
Langsame und stetig wachsen: Frequentis Umsatz und Mitarbeiterzahl, Quelle: Unternehmen

InSPIRATION DER WOCHE

 

Wenn Sie noch 1 Minute Zeit haben, schauen Sie sich das folgende Video von Rolf Dobelli an. Er hat gerade ein Buch veröffentlicht: "Die Kunst des digitalen Lebens*", welches ich momentan lese und sehr interessant finde, wo er die im Video gemachten Behauptungen argumentativ unterlegt. Falls Sie das Buch über obigen Affiliate-Link bestellen, landen Sie bei Amazon und ich erhalte eine kleine Vergütung.

 


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