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Der Handelskrieg als Bumerang

Pünktlich zum Nikolaus lief die Meldung über den Ticker: Das Handelsbilanzdefizit der USA ist im Oktober auf den höchsten Wert seit zehn Jahren gestiegen.

 

Die Importe übertrafen die Exporte insgesamt um 55,5 Milliarden Dollar.

 

Das Handelsdefizit mit China kletterte dabei sogar auf mehr als 43 Milliarden Dollar (+7 Prozent) und das ist ein neuer Rekord.

 

Das ist sicher nicht das Ergebnis, welches US-Präsident Trump erwartet und anstrebt.

Mittels seiner Politik will er das Defizit im Außenhandel ja eigentlich absenken,
um so "Jobs" zurück nach Amerika zu bringen. Momentan sagen die Zahlen etwas anderes, der Trend ist ungebrochen und daher bemühte man sich die Zahlen klein zu reden.

 

Stellt sich für mich aber die Frage: Kommt die Wende später oder entwickelt sich der Handelskrieg vielleicht zum Bumerang?

 

 


WOZU DAS GANZE?

 

Der Frage "Wozu das Ganze?" bin ich bereits in einem Artikel im August nachgegangen und die dort getroffenen Aussagen bleiben sämtlich gültig, die verlinkten Artikel lesenswert. Der Handelskrieg - vordergründig um ökonomische Interessen geführt - ist nichts anderes als Machtpolitik, von der Trump annimmt, dass sie ihm die Wiederwahl und der USA die Position des Hegemon sichert.

 

Georg Wallwitz vermutete im Sommer, dass die Trump'sche Politik aufgrund dieser Logik zu einer Kette "spektakulär großartiger Fehlentscheidungen" führt. Das würde das Weiße Haus wohl vehement verneinen. Die neuen NAFTA-Verträge mit Mexiko und Kanada oder der Aufschub in der Zoll-Auseinandersetzung mit China um 90 Tage werden dort als Erfolge gesehen. Die amerikanischen Farmer, beraubt um den Hauptimporteur für Soja und die GM-Automobilwerker, den angekündigten Jobverlust vor Augen, stehen auf der Gegenseite.

 

Hinter und vor den Kulissen wird jedenfalls weiter ausgeteilt: Hier die Verhaftung der Huawei-Finanzchefin, da ein Verkaufsverbot für iPhones in China. Für mich sieht das so aus, als wäre mittlerweile jedes Mittel recht, jede noch so kleine Zaunslatte wird dem Anderen zwischen die Beine geworfen. Nur um nicht als Derjenige dazustehen, der nachgibt oder das Gesicht in dieser Auseinandersetzung verliert.

 

Damit ist genau das eingetreten, was Georg Wallwitz in seinem Artikel Alkibiades in Washington vorhersah: eine Eskalationsspirale, nur um Recht zu behalten. Und das bedeutet nichts Gutes für die Weltwirtschaft - es dauert nur lange bis der volle Schaden sichtbar wird.

Manchen Ökonomen ist das vielleicht schon klar, den meisten Politikern und Investoren aber nicht. Dort regiert immer noch die Hoffnung, dass es schon nicht so schlimm kommen wird.

 


DER HANDELSKRIEG ERKLÄRT IN 4 VIDEOS

 

Um besser zu verstehen, was abläuft, greife ich hier einmal mehr auf die grossartigen Videos von Fintool.ch zurück. Die Webseite hatte ich beispielsweise hier im Zusammenhang mit Value Investing bereits vorgestellt.

 

Professor Heri hat 4 wirklich kurze Videos gedreht, in Summe nicht mehr als 14 Minuten, die jeder Diskussion das nötige Rüstzeug mitgeben. Sie verdeutlichen, wie Waren- und Kapital-ströme zusammenhängen und das man nicht einfach an einer Stellschraube drehen kann, sondern das Gesamtbild im Blick haben muss.

 

 

"Wirtschaftskunde für Präsidenten" die es wert ist, angeschaut zu werden.

 

 

Video 1: Das Grundschemata eines Haushalts

Video 2: Auf Landesebene - die Verkettung von Leistungs- und Kapitalbilanz

Video 3: Die konkreten Zahlen: USA-Europa/Schweiz

Video 4: Wie der Handelskrieg zum Bumerang wird

 

Das einzige Manko der kleinen Videoserie: Da im Moment in den Medien so sehr der Fokus auf China gegen USA liegt, wären sicher mehr Details für dieses Paar sehr interessant gewesen. Aber vielleicht wird das ja später noch nachgereicht.

 

 


MEIN FAZIT

 

Als wichtiges Fazit bleibt: Die Leistungsbilanz der USA ist deutlich negativ, vor allem gegenüber den drei Export-Weltmeistern Deutschland, Japan und China. Dem steht eine stark positive Kapitalbilanz gegenüber, die die USA benötigen, um ihre Staatsverschuldung zu finanzieren. Davon profitiert nicht nur der amerikanische Staat sondern die gesamte Wirtschaft und auch der US-Dollar, der als Weltleitwährung gilt und in dem viele Rohstoffe gehandelt werden.

 

Der von Trump vom Zaun gebrochene Handelskrieg - sollte er erfolgreich sein und die globalen Lieferketten und Warenströme wirklich umlenken, sprich das Leistungsbilanzdefizit verringern - könnte der Beginn von "Make America Small Again" sein. Er würde zum Bumerang, weil er die Kapitalströme in die USA im gleichen Maße verringern und absenken würde. Das wird nicht über Nacht geschehen, besser aber man behält dieses Szenario als Investor im Hinterkopf!

 

Ist der Handelskrieg dagegen nicht erfolgreich, werden wir in den kommenden Quartalen weiter Meldungen hören, dass das Handelsdefizit der USA trotz Zöllen und sonstigen Aktionen weiter steigt. So wie es das seit Anfang 2017, Trumps Amtsantritt, ununterbrochen getan hat - auch nicht ganz unwahrscheinlich. Ist dieses Szenario für die Weltwirtschaft und die Börsen freundlicher? Ich denke nicht.

 

 

(c) 2018 Covacoro

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Kommentare: 3
  • #1

    Robert Michel (Mittwoch, 12 Dezember 2018 21:13)

    Im Endeffekt kommt es darauf an, wie der Kapitalfluss motiviert ist. Wenn der Kapitalfluss dadurch zustande kommt, dass US-Staatanleihen weltweit als außergewöhnlich sicher gelten. Sicherer als die Heimatwährungen der Elite in Entwicklungs- und Schwellenländer. Sehe ich kein Grund warum dieser abnehmen sollte. Wenn der Kapitalfluss gleich bleibt, heißt, dass jedoch auch, dass jeder Verringerung der Importe eins zu eins die Exporte verringert. Daher sehe ich das Risiko, dass Trumps Politik direkt auf die Konjunktur durchschlägt.

  • #2

    Covacoro (Freitag, 14 Dezember 2018 17:57)

    Eine interessante Seite mit jede Menge Informationen zur US-amerikanischen Verschuldung, wer diese hält und wie sie sich entwickelt hat:
    https://www.thebalance.com/us-national-debt-4073935

  • #3

    Covacoro (Samstag, 22 Dezember 2018 15:28)

    Eine Ergänzung von Anne O. Krueger: Trump ignoriert den Dienstleistungssektor - die Bekämpfung der Kräfte des Wandels ist eindeutig nicht der richtige Weg.
    https://www.fuw.ch/article/trump-ignoriert-den-dienstleistungssektor/