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Wikifolio-Auswertung Q3/2015

Heute geht es um die detaillierte Auswertung für das Covacoro-Wikifolio zum Ende des dritten Quartals 2015. Der letzte Bericht zum Halbjahr 2015 ist im Blog unter diesem Link nachlesbar. 

Das Fazit für das 3.Quartal 2015 fällt gut, aber nicht ungetrübt aus: Das Wikifolio hat sich im Vergleich zu DAX und den Benchmarks CARMIGNAC Patrimoine und ARERO behauptet, allerdings ist die Wertentwicklung im Quartal mit -12% negativ. Für das Gesamtjahr 2015 steht noch ein Plus von ca. 12% zu Buche.


Zusammenfassung der Transaktionen

  • Patrizia Immobilien wurde wie geplant ab Juni gestaffelt verkauft, die Rendite betrug zwischen 188% bis über 230%, zweifellos eine sehr erfolgreiche Transaktion.
  • Ebenfalls verkauft wurden die Talanx Versicherungen, die Rendite seit Kauf lag bei 14.4%, inklusive Dividenden bei ca. 20%
  • Die Position in Abengoa wurde Anfang Juli auf Zielgewichtung (8%) ausgebaut, wie sich im Nachhinein bei der Vorlage der Quartalszahlen Mitte Juli zeigte, war dieser Vorgriff ein Fehler. Im Blog sind dazu 2 Artikel erschienen (Teil 1, Teil 2) und ich gehe weiter unten ausführlicher auf die derzeitige Situation ein.
  • Der iShares Corporate Bond ETF sowie der iShares High Yield Bond ETF wurden mit geringem Verlust verkauft (-3% bzw. -10%), zurückzuführen auf einen schwächeren Euro/Dollarkurs und sinkende Kurse bei Unternehmensanleihen. Ein Teil der so freigewordenen Liquidität wurde in neue Positionen auf Grammer (Automobilzulieferer) und Dialog Semiconductor (Halbleiter) investiert.
  • Dividenden/Ausschüttungen gesamt: 278,72 Euro, Zertifikategebühr: 166,20 Euro, Performancegebühr: 267,19 Euro

LEONI - weiter im WIKIFOLIO

Weiter im Bestand sind die Aktien der Aareal Bank, da die Halbjahres-Zahlen solide ausgefallen sind. Auch 2015 wird ein Ergebnis je Aktie von 4.80-5.20 Euro angestrebt (inkl. Einmaleffekt aus dem Erwerb der Westimmo-Beteiligung). Ohne den Einmaleffekt liegt der Gewinn je Aktie ca. 50% niedriger. Egal wie man es dreht und wendet: Aareal ist eine solide Bankaktie mit durchschnittlichem KGV und guter Dividendenrendite (ca. 5%). Den momentanen Kursrückgang erachte ich daher als unkritisch, aus meiner Sicht ist das Institut weiter Finanzier des (Immobilien-) Booms. Auch an Jungheinrich, Amadeus Fire, Aurelius und AT+S Austria AG halte ich weiter fest, weil die berichteten Quartalszahlen und die fundamentalen Kennzahlen dieser Aktien in Ordnung sind.

 

Last but not least befindet sich auch Leoni weiter im Depot - trotz Dieselgate und den Turbulenzen um den Volkswagen-Konzern. Anfang August wurden zunächst die Q2-Zahlen berichtet und der Wachstumskurs bestätigt. Damals diskutierte man in den Medien vor allem über eine Abkühlung der Konjunktur in China und die Auswirkungen auf den Absatz der Automobilindustrie. Ich setze hingegen weiter auf die mittel- und langfristige Unternehmens-Entwicklung, also 2016 und später, wo das Erreichen von 5 Mrd. Euro Umsatz angepeilt werden. Die Leoni-Aktie hat dann im September von ca. 55 auf 45 Euro nachgegeben, weil im Zuge von Dieselgate auch Zulieferer unter Druck geraten sind. Dazu ist vielleicht interessant, was Dirk Elsner von www.blicklog.com in einer Artikelserie mit dem Titel "Die Automobilindustrie im Umbruch" publiziert hat. Die gegenwärtigen Tendenzen wurden hier sehr gut analysiert und es gibt in der Tat einige kritische Punkte in Bezug auf die etablierten Autohersteller zu beachten (hohe Abhängigkeit von China, verschärfte Konkurrenzsituation, Eintritt neuer Wettbewerber, Technologieumbrüche aufgrund Vernetzung, Elektromobilität und autonomen Fahrzeugen). Die Rolle der Zulieferindustrie ändert sich aber gegenwärtig vom Teilelieferanten zum Outsourcing- und Komponenten-Partner. Damit verschiebt sich der Anteil an der Wertschöpfung wieder zugunsten der Zulieferer und das sollte deren Umsätze und Margen stützen. Leoni liefert komplette und immer komplexere Bordnetze und hat bereits in der Vergangenheit gezeigt, das man flexibel auf die Nachfragesituation reagieren kann. Daher halte ich an diesem Investment fest. Natürlich kann es zu Belastungen kommen, aber diese sind nicht von langer Dauer. Dirk Elsner kommt in seinem dritten Artikel dann auch zu folgendem Fazit, welches ich teile: "Gewinner dürften vor allem die Technologieführer im Zulieferbereich werden. Sie werden von neuen Wettbewerbern und höheren Anforderungen an Produzenten profitieren. Aber auch bei ihnen wird der Konkurrenzdruck dafür sorgen, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Nur die Zulieferer, die komplexe Technologie preisgünstig anbieten können sowie diese ständig verbessern, werden sich langfristig behaupten können." Die Artikel findet ihr unter diesen Links: Teil 1, Teil 2 und Teil 3Da die Aktie im Wikifolio mit 8% gewichtet ist, werde ich sie allerdings trotz Kursrückgang nicht aufstocken, ich habe mich stattdessen dafür entschieden, mit Grammer einen zweiten Zulieferer zu kaufen (Artikel zum Wert ist in Vorbereitung). 


Nun aber ein Blick auf die Wertentwicklung und Volatilität des Depots. Wer den Bericht zum Q2/2015 gelesen hat, wird diese Charts bereits kennen. Seit Anfang 2015 steht noch ein Plus von ca. 12% zu Buche, auch wenn der Rückgang wie erwähnt im Q3 deutlich war. Die zum Vergleich dargestellten Werte DAX (-3%), Arero (-2%) und Carmignac Patrimoine (-1%) sind aber im letzten Quartal ähnlich stark oder noch stärker gesunken und insgesamt ist eine positive Bilanz trotz allem ja nicht schlecht.

Performance Wikifolio seit 1.01.2015 im Vergleich zu Benchmarks, anklicken zum vergrößern.
Performance Wikifolio seit 1.01.2015 im Vergleich zu Benchmarks, anklicken zum vergrößern.

Das Performance/Volatilitäts-Chart zeigt die Situation noch schonungsloser, vor allem wenn man es zum Q2/2015 vergleicht. Der Renditevorteil zu den Benchmarks wurde zwar gehalten, aber die Bilanz wäre noch besser ausgefallen, wenn es nicht die unerwarteten Probleme bei Abengoa gegeben hätte, die ich im Artikel Neues Management - alte Fehler beschrieben habe. Darum möchte ich im letzten Teil des Berichts auf die Situation und den Ausblick für diesen Wert eingehen.

Rendite und Volatilität seit 1.01.2015 im Vergleich zu Benchmarks, anklicken zum vergrößern.
Rendite und Volatilität seit 1.01.2015 im Vergleich zu Benchmarks, anklicken zum vergrößern.

ABENGOA - KURZFRISTIG GERETTET

Abengoa leidet an hausgemachten Problemen, die ich nochmals kurz aufzählen will:

  • schlechte Kommunikation mit seinen Investoren, sowohl auf der Fremdkapital- als auch der Eigenkapitalseite
  • hohe Kapitalbindung und Verschuldung, wobei auch die Strukturierung und Besicherung der Schulden immer wieder geändert wurde
  • Nichteinhalten von gegenüber dem Kapitalmarkt abgegebenen Prognosen bzw. überraschende Reduktion wesentlicher Positionen
    (zuletzt: Free Cash Flow für 2015) bzw. Erhöhung der geplanten Investitionen

Gegen Ende September hat das Unternehmen eine außerordentliche Hauptversammlung für den 10.Oktober angekündigt sowie erste Details zur geplanten Kapitalerhöhung veröffentlicht. Laut REUTERS werden die Banken Santander und HSBC gemeinsam ca. 465 Mio. Euro bereitstellen, der ehemalige Hauptaktionär Inversion Corporativa ca. 120 Mio. Euro und Waddell & Reed Investments ca. 65 Mio. Euro. Nach Durchführung dürften die akuten Liquiditätsprobleme behoben sein, sowie wie geplant auch der nächste fällige Bond zurückgeführt werden können. Außerdem wird die Dividende gestrichen, die CAPEX auf 50 Mio. Euro begrenzt und ein Desinvestitionsplan in Höhe von 1.6 Mrd. Euro bis Ende 2016 zur Absenkung der Schulden verfolgt. Der bisher dominierende Investor (die Eigentümerfamilie über Inversion Corporativa) wird verwässert und nur noch 40% am Unternehmen halten, auch der bisherige Chairman des Aufsichtsrates Felipe Benjumea tritt ab. Insgesamt bedeuten die Massnahmen eine Wende von Wachstum um jeden Preis zur Konsolidierung der Bilanzen - das sehe ich positiv. Besonders wichtig ist, dass der mit Abstand größte institutionelle Investor (Waddell & Reed hält ca. 6%, siehe Report vom 30.06.2015) bei der Kapitalerhöhung dabei ist und seinen Einfluß geltend macht. Sowohl in den Aktienfonds als auch in den High-Yield Bondfunds sind die Papiere des Unternehmens vertreten. Damit steigt aus meiner Sicht die Chance, dass der eingeschlagene Kurs jetzt wirklich konsequent und über längere Zeit kontrolliert und verfolgt wird. Aus diesem Grund ist die Aktie meiner Meinung nach eher ein Turnaround- als ein Pleitekandidat und ich habe sie nicht verkauft. Abhängig von den konkreten Ereignissen um die außerordentliche Hauptversammlung und den nächsten Zahlen, werden ich gegebenenfalls nachkaufen.

Positionen im Wikifolio mit Gewichtung, Stand 30.09.2015
Positionen im Wikifolio mit Gewichtung, Stand 30.09.2015

Ausblick: Im Wikifolio befinden sich derzeit 9 Positionen, der Cashanteil beträgt knapp 15%, damit bin ich für das letzte Quartal handlungsfähig. Die Bewertung vieler Aktien hat nach den Kursrückgängen bereits ein attraktives Niveau erreicht, ich stelle allerdings eine gründliche Analyse vor übereilte Zukäufe, ganz im Sinne einer langfristigen Strategie.

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Kommentare: 4
  • #1

    Malte (Dienstag, 06 Oktober 2015 15:23)

    Hallo,
    ich wollte an dieser Stelle mal meinen Dank und Respekt für diesen großartigen Blog aussprechen. Lese hier seit ca. 2 Monaten mit und bin von den guten Analysen und Leseempfehlungen sehr angetan.
    Die Performance des Depots lässt sich auch wirklich sehen. Ich bin gespannt wie es weitergeht und werde deine Reise weiter mitverfolgen.

    Grüße Malte

  • #2

    Covacoro (Mittwoch, 07 Oktober 2015 18:50)

    Vielen Dank für das Lob, Malte !
    Es spornt mich an den Blog weiterzuführen.

  • #3

    Malte (Donnerstag, 15 Oktober 2015 11:53)

    Gerne, gerne! Neben einer Quartals- oder Jahresauswertung wäre auch ein Vergleich zu führenden Indexen seit Beginn des Wikifolios interessant (unter Berücksichtigung von Dividenzahlungen). Denn langfristig geht es beim Stockpicking ja darum besser zu sein als der Index, sonst wäre Indexing ja geeigneter und weniger arbeitsintensiv als Stockpicking.

  • #4

    Covacoro (Donnerstag, 15 Oktober 2015 20:18)

    Hallo Malte, das kann ich gerne das nächste Mal mit einbauen und es wäre sicher mal einen Extra Artikel wert, warum ich persönlich der Meinung bin, dass ich als Value-Anleger und Stockpicker NICHT den Index schlagen muß. Im Q2-Bericht habe ich das bereits angedeutet, aber verkürzt könnte man sagen: Als Stockpicker kann man über beliebige Zeiträume (Quartale, 1 Jahr, mehrere Jahre) schlechter, gleich gut oder besser als ein Index abschneiden und diese Zeiträume werden sich STETS abwechseln. Es kommt darauf an, die Strategie durchzuhalten und die Phasen, wo man schlechter abschneidet durchzuhalten und möglichst wenig ins Hintertreffen zu gelangen und in den Phasen, wo man besser abschneidet, dann die Ernte einzufahren um langfristig ein höheres Endkapital und eine höhere Rendite als der INDEX-Investor zu erreichen. Schaue Dir mal das Video "Wie Warren Buffet? Klar!" im Blogartikel zu Value-Investing vom 1.Oktober an. Wenn ich 1, 2, 3 oder gar 5% Überrendite schaffe, dann ist das ein riesiger Hebel. Für das Wikifolio sieht es grob so aus, dass ich zum Beispiel im Vergleich zum DAX in 2013 schlechter performt habe, in 2014 gleich auf und in 2015 bisher ca. 10% besser (jeweils inklusive der Dividenden und abzüglich der Kosten gerechnet), aber knapp 33 Monate Laufzeit sind noch kein wirklich langer Zeitraum. Mein reales Depot läuft seit 1994 und dort kann ich den oben beschriebenen, positiven Effekt viel deutlicher sehen.
    Grüße Covacoro